Hartnäckig hält sich die Ansicht, dass Vogelbeeren giftig seien. In Wahrheit enthalten die Früchte der Eberesche (Sorbus aucuparia) Parasorbinsäure, die in größerer Menge unbekömmlich ist. Aber wer mit den leuchtend orangeroten Beeren (für Botanik-Freaks: in Wahrheit keine Beeren, sondern Apfelfrüchtchen) umzugehen weiß, wird Vogelbeeren mögen!
Das steckt drin
Die Parasorbinsäure in den rohen Früchten kann zu Magenbeschwerden und Durchfall führen. Deshalb sollte man auch nur wenige rohe Früchte direkt vom Baum probieren – aber der gewöhnlich bittere Geschmack zügelt ohnehin jegliche Gier. Durch Kochen wandelt sich die Parasorbinsäure in Sorbinsäure. Diese ist unbedenklich und wird sogar in vielen Lebensmitteln als Konservierungsmittel zugesetzt (E 200).
Noch ein weiterer Stoff ist in der Vogelbeere interessant: Sorbit oder Sorbitol (E 420). Dieser Zuckeralkohol wurde früher aus Vogelbeeren gewonnen (heutzutage stellt man ihn technisch her) und als Zuckerersatz verwendet – weil er zwar eine hohe Süßkraft besitzt, jedoch viel weniger Kalorien enthält und kein Insulin zur Verstoffwechselung benötigt. Gerne kommt Sorbit deshalb in Zahncremes, weil er süßt, aber wenig Karies erzeugt. Außerdem wirkt Sorbit hygroskopisch, also wasseranziehend, damit hält er die Zahnpasta schön geschmeidig – ebenso Toastbrot, Mayonnaise, Senf, Pralinenfüllungen, Kaugummis und anderes mehr. Wer jedoch kein Maß halten kann, kann dies mit einem gehörigen Durchfall bezahlen. Deshalb steht auf vielen dieser Lebensmittel vermerkt, dass sie in größerer Menge abführend wirken.
Vitamine und mehr
Und was ist noch drin in Vogelbeeren? Viel Vitamin C, deshalb galten die Früchte früher als wichtiges Gegenmittel bei Skorbut. Durch nicht zu ausgiebiges Kochen geht davon leider etwas verloren, aber rund zwei Drittel bleiben immer noch erhalten. Bei 100 mg Vitamin C pro 100 g Vogelbeeren ganz schön viel. Hinzu kommen noch Fruchtsäuren und Gerbstoffe, Pektine und Carotinoide. Höchst wertvoll!
Feines für den Genuss
Vogelbeeren mit Birnen, Ananas, Karotten oder Kürbis gekocht und zu einem Fruchtmus, zu Marmelade oder Chutney verarbeitet, sind eine absolute Delikatesse. Mein Tipp: Vogelbeeren in dunklem Aceto balsamico mit etwas Rosmarin einkochen. Außergewöhnliche Bereicherung für Fisch, Wild oder einfach nur zu einer Pasta. Und da muss man auch keinen Frost abwarten – denn bis dahin haben sich die Vögel die Ernte gesichert, man selbst nur das Nachsehen. Außerdem hat nach meiner Erfahrung Kälteeinwirkung keinen Einfluss auf den Geschmack, was bitter ist, das bleibt auch bitter. Aber wer Bitteres mag, wird begeistert sein. Nachreifen und geduldiges Köcheln reduzieren die Bitterkeit deutlicher.