Vogelmiere liebe ich sehr, denn dieses anspruchslose Kräutlein wächst, blüht und gedeiht bei mir das ganze Jahr über. Wenn nicht im Garten, dann zumindest draußen in weiter Flur. Mein Mierchen deckt mir hübsch den Boden ab, wandert bei mir in den Salat, färbt Suppen herrlich grün, bereichert Gemüse, schmückt Butterbrote. Sie ist leicht zu erkennen – wirklich?
Was sind denn eigentlich die typischen Kennzeichen der Vogelmiere? Kann man sie mit anderen Kräutern verwechseln? Vieleicht gar mit ungenießbaren oder giftigen? Noch lange nicht alles, was auf den ersten Blick wie Vogelmiere aussieht, ist auch eine…
Vogelmiere, Hühnerdarm (Stellaria media)
Das ein- bis zweijährige, dann gewöhnlich grün überwinternde Kraut bildet dichte Matten, teilweise steigen die Stängel auch auf. Entlang der Stängel reihen sich paarweise (gegenständig) ovale, 1-2 cm lange, zugespitzte, weiche und kahle, höchstens am Grund bewimperte Blättchen auf. Die unteren sind gestielt, die oberen sitzend. Wichtigstes Merkmal allerdings ist eine einreihige Behaarung der runden Stängel , vergleichbar einem Irokesenschnitt. Man sieht’s oft nur mit der Lupe oder im Gegenlicht – dann aber sehr deutlich. Dies macht die Vogelmiere unverwechselbar!
Die kleinen Blüten sind strahlend weiß, sie erscheinen an den Triebspitzen. Indem die fünf Kronblätter tief ausgerandet, sprich fast bis zum Grund gespalten sind, erscheint die Blütenkrone wie aus zehn Blättchen gebildet. Die fünf Kelchblätter rahmen die Blüte hübsch ein, sie sind fast so lang wie die Kronblätter. Sehr genau muss man hinsehen, um die 3-8 Staubblätter und die drei Griffel zu erkennen.
Zeigen Vogelmierenblüten auffällig dunkelrote Staubbeutel, meist zehn an der Zahl, sind die Blättchen sattgrün und der Stängel mehr als nur eine dünne Haarleiste, dann hat man wohl die Großblütige Vogelmiere (Stellaria neglecta) vor sich. Eigentlich kommt sie bei uns eher selten vor, wird aber durchaus vorgezogen in Töpfchen als Vogelfutter von Zoofachgeschäften und Gartencentern angeboten. Zugreifen, die ist besonders ergiebig und schmeckt ebenfalls gut.
Gewöhnliches Hornkraut (Cerastium holosteoides)
Wie die Vogelmiere ein Nelkengewächs (Caryophyllaceae), entwickelt auch diese ausdauernde, wintergrüne Pflanze dichte Rasen mit weißen Sternblüten. Die kreuzgegenständigen, höchstens ganz kurz gestielten Blätter bleiben schmaler und erscheinen wesentlich dunkler als bei der Vogelmiere. Bei oberen Blättern wird oft ein häutiger Rand sichtbar. Außerdem sind Blätter wie auch die runden Stängel rundherum behaart, mal sehr stark, mal nur spärlich. Die Blüten weisen ebenfalls fünf weiße Kronblätter auf, jedoch sind sie höchstens bis zur Hälfte eingeschnitten. Außerdem erkennt man zehn Staubgefäße und fünf Griffel.
Verwechslung wäre nicht so schlimm, denn Hornkräuter, also auch Acker-Hornkraut (Cerastium arvense) sind essbar. Allerdings schmecken sie nicht so mild nach zartem Mais, sondern sehr kräftig herb-würzig.
Acker-Gauchheil (Anagallis arvensis)
Mit diesem Primelgewächs (Primulaceae) ist dagegen nicht gut Kirschen essen, denn es gilt als giftig, sein Saft kann Hautreizungen verursachen. Ein- bis zweijährig wächst es ähnlich wie die Vogelmiere, bildet aber selten dichte Teppiche. An den vierkantigen Stängeln stehen sich die eiförmigen, zugespitzten Blätter gegenüber, sind aber nie gestielt. Blüten gibt es nur im Sommer, dann aber wird der Acker-Gauchheil leicht bestimmbar. Denn die Blüten mit fünf runden Kronblättern leuchten zinnoberrot, ab und an auch einmal weiß oder blau.
Wasserdarm, Wassermiere (Stellaria aquatica)
An feuchten Stellen entlang von Waldwegen und Gräben, im Auwald oder Weidengebüschen trifft man häufig auch grüne Polster, die sofort an Vogelmiere denken lassen. Sind die liegenden bis aufsteigenden Stängel jedoch vierkantig, in den oberen Bereichen rundum fein behaart und die sitzenden bis ganz kurz gestielten Blättchen am Rand meist wellig, hat man den Wasserdarm vor sich. Den Namen Wasserdarm hat dieses Nelkengewächs wegen seiner zähen, nach Brechen und Auseinanderziehen der Stängel sichtbar werdenden Wasserleitbündel, die wie ein Darm die Triebe durchziehen. Aus demselben Grund heißt auch die Vogelmiere Hühnerdarm. Wieder gibt es beim Wasserdarm weiße Sternblüten mit fünf bis fast zum Grund geteilten Kronblättern, gewöhnlich aber schmaler als bei der Vogelmiere. Es gibt fünf gelbliche bis violett gefärbte Staubblätter. Blütezeit ist zudem nur im Sommer.
Hainsternmiere (Stellaria nemorum)
Drei cremefarbene Staubblätter sowie ein runder Stängel und lang gestielte, am Rand bewimperte Blätter unten entlarven dann wieder die Hainsternmiere. Wie der Wasserdarm kommt sie an feuchten Stellen, z.B. in Erlengebüschen vor. Ihre filigranen Blüten erscheinen von Mai bis September, die tief zerteilten Kronblätter sind doppelt so lang wie die Kelchblätter.
Schlussendlich
Hainsternmiere wie Wasserdarm sind durchaus genießbar, es spricht nichts gegen eine Verwendung in der Wildpflanzenküche. Das gilt für alle Mieren der Gattung Stellaria – welch ein Glück. Wie für Nelkengewächse typisch, enthalten sie alle Saponine. Saponine wirken wassertreibend, schleimlösend und entzündungshemmend, weiterhin schreibt man ihnen zu, dass sie Cholesterin binden. In größeren Mengen dagegen können sie auch unerwünschte Folgen nach sich ziehen, etwa Durchfall, Erbrechen oder Kreislaufbeschwerden. Daher gilt: In Maßen genießen.
Dank dir, liebe Karin, habe ich auch entdeckt, wie lecker dieses „Unkraut“ schmeckt. Es wuchert Gott sei Dank auf meiner Terrasse – vom Frühling bis in den Spätherbst hinein.
Liebe Grüße
Renate
P. S.: Schau mal, mein erster Wildkräutersalat. Ohne dich wäre er nie entstanden, dieser oberleckere Salat.
Das war eine gute Auffrischung vor meiner morgigen Kräuterführung.
Vogelmiere ist ein absolut wichtiger Bestandteil in der „Gründonnerstagssuppe“.
Danke für die ausführliche Beschreibung.
Gertraud
Auch ich danke für die gute Erklärung des Unterschiedes zwischen den einzelnen Stellarias.
Vielen Dank.