Vor unserem Wintergarten steht eine kleine Birke, etwa zweieinhalb Meter hoch. Noch lässt sie ihre feingliedrigen Äste voller winziger Knospen wie einen Perlschnurvorhang blattlos herunterwallen. Der Ostwind kämmt die Birke mit eisigen Fingern, der Westwind besprüht sie mit Regentröpfchen, der Südwind haucht ihr Sommerwärme unter die weiße Rinde. Es raschelt und reibt, es knistert und knackt in der Birke. Mir scheint, sie erzählt von ihren Träumen, Frühlingsträumen.
Noch fällt das Licht fast ungehindert durch die Birkenzweige hindurch, ich freue mich an der wärmenden Kraft der Sonne, wenn ich im Wintergarten sitze. Unter der Birke sprießt es kräftig, wimmelt es von Keimlingen, die nach dem Winter herausdrängen. Ein blauer Teppich aus Blausternchen breitet sich rund um den Stamm aus, getupft von dottergelben Primelblüten. Doch bald schon wird’s heiß im Wintergarten. Ein bisschen Schatten wäre angebracht, denke ich mir. Als hätte die Birke es gehört, legt sie sich einen grünen Schleier zu. Zuerst ist es nur ein zarter Hauch von Grün, mehr Gelb noch. Dann aber schillert es smaragdgrün, die Blättchen brechen hervor. Sie leuchten und funkeln wie Edelsteine.
Dieser Moment zählt für mich zu den schönsten im Jahr. Grün, Farbe der Hoffnung und des Lebens – mit den Birken triumphiert der Frühling endgültig über den Winter. Sinnbild der Jugend, da fühle ich mich gleich um Jahre verjüngt. Immer dichter wird das duftige Kleid an den Zweigen, immer intensiver die Farbe – maigrün, oder eben birkengrün. Die Blättergardine lässt die Sonne nur noch gefiltert hindurch zu mir in den Wintergarten – wie erfrischend. Ich sitze im Paradies!
Das ist ja lustig, gestern habe ich über meine Birke geschrieben, heute du …
Deine ist allerdings schon „erwachsen“, meine noch ganz jung. Es ist ihr vermutlich erster Frühling.
Aber sie ersten Knospen sind schon deutlich sichtbar, und ich warte darauf, dass endlich Blättchen zu sehen sind.
Birkengrüne Grüße – Renate