Heilsame Harze
Harze schätzt man in der Heilkunde seit jeher hoch ein, insbesondere das Lärchenpech hat vor allem im Alpenraum einen besonderen Ruf. Ob Vieh oder Mensch, den Überlieferungen nach erzielte man mit dem Lärchenpech wahre Wunderdinge. Pures Pech trug man auf schwere Wunden auf, um sie zu verschließen und vor Entzündungen zu schützen. Harze fanden als Pflaster ebenso Verwendung wie als Salben gegen Rheuma, Gicht, Hexenschuss oder sonstige Gliederschmerzen. Als Zugsalbe fand sich eine Harzsalbe in jedem Haushalt, aber auch zur Linderung von Erkältungskrankheiten.
Man darf nicht übersehen, dass die Menschen früher oft gezwungen waren, ein Heilmittel ungeachtet seiner möglichen Nebenwirkungen anzuwenden. Oft war über schädliche Effekte auch gar nichts bekannt. Harze können die Haut und die Atemwege reizen, Allergien auslösen oder auch bei innerlicher Anwendung die Nieren reizen kann. Deshalb sollten Sie es umsichtig und sparsam einsetzen. Keinesfalls sollte der Rauch von Harzen (wie von Räucherwerk ganz allgemein) eingeatmet werden, da hier krebserregende Stoffe entstehen können. Nach dem Räuchern sind die Räume gründlich zu lüften.
Kau- oder Beißpech
Von Holzfällern, Waldbauern und Naturheilkundlern gerühmt wird Harz, auf dem zur Reinigung der Mundhöhle, zur Vorbeugung vor ansteckenden Krankheiten und Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte herumgebissen wird. Dafür kommt nur schon erhärtetes, rötlich-braunes bis tief goldgelbes Harz in Frage. Anders als bei milchig-weißem, noch weichem Harz haben sich bei diesem nämlich schon viele der ätherischen Öle, darunter als gesundheitsschädlich eingestufte Pinene und Caren, sowie allergieauslösende Harzsäuren verflüchtigt. Caren beispielsweise wirkt schon in sehr geringen Mengen antibakteriell, kann bei intensiver Anwendung aber Bronchospasmen (Verkrampfungen der Atemmuskulatur) auslösen und die Haut schädigen.
Die Harzkügelchen schmecken anfangs sehr bitter, werden durch Speichel und Kauen bald weich – eben wie Kaugummi. Am besten spuckt man das Bittere anfangs einfach aus. Mit zunehmenden Kauen, was die Muskulatur ganz schön trainiert, werden Mund-Rachen-Raum erfrischt, das Zahnfleisch gestärkt und die Zähne gereinigt. Es schadet nicht, wenn die Reste heruntergeschluckt werden, im Allgemeinen aber verzichtet man darauf. Ein solcher „Natur-Kaugummi“ wird innerhalb weniger Wochen auf natürliche Weise abgebaut – ein Vorteil gegenüber den meisten Kaugummis, die auf mineralischer Basis bestehen.
Pechsalbe oder Boandlrichterschmier
Eine der wohl ältesten und bedeutsamsten Salben der Volksheilkunde ist eine Zubereitung mit Harz bzw. Pech. In keiner alpenländischen Hausapotheke durfte etwa eine Lärchenpechsalbe fehlen. Auf das honigartig fließende, goldgelbe bis hellbraune Lärchenharz, das Venetianer Terpentin (Terebinthina laricina), wurde schon immer besonderer Wert gelegt. Es bleibt über lange Zeit flüssig, behält seine ansprechende Farbe und duftet balsamisch. Man gewinnt es vor allem durch Anbohren der Stämme. Der Bedarf daran war einst so hoch, die Begehrlichkeiten danach so groß, dass Lärchen im großen Stil dafür jährlich angezapft wurden. Mehr und mehr Lärchen gingen durch Übernutzung zugrunde, deshalb wurde die Gewinnung bald gesetzlich geregelt. Das gewerbliche Sammeln von Harzbalsam, dem Lärket, Lierget, Lörgant, Lörget oder Lörtsch, darf nur von professionellen Harzern, Pechlern oder Pechklaubern betrieben werden.
Eine aus Lärchenpech oder auch Fichten- oder Kiefernharz zubereitete Salbe wird als fein duftendes Brustbalsam bei Erkältungskrankheiten, zur Pflege von Abschürfungen und schlecht heilenden Wundrändern, zur Schmerzlinderung etwa bei Rheuma oder neuralgischen Beschwerden wie Ischias, als Zugsalbe zum Lösen von Schiefern wie zur Behandlung von Ekzemen oder Furunkeln genutzt. Besonders geschätzt wird eine leichte, gut streichfähige Lärchenharzsalbe von Radfahrern und Reitern, damit wundgescheuerte Partien rasch abheilen. Nicht zu vergessen, dass eine Harzsalbe auch als Lippenbalsam angewendet werden kann, sie pflegt rissige, aufgesprungene Lippen ebenso wie sie von Herpes geschädigte Partien schneller abheilen lässt.
Sie dürfen sich also durchaus mehr als Glückspilz denn als Pechvogel fühlen, wenn Ihnen das Gold der Waldbäume ins Blickfeld gerät – das natürliche Holzschutzmittel Harz möge dicke Luft verjagen und Gesundheit bewahren.