Unverdrossen

Immer wieder fällt mir eine sehr unscheinbare Pflanze am Wegrand auf: Der Vogelknöterich (Polygonum aviculare). Und jedes Mal wächst er gegenüber von Wegwarten…

Der Heinzl oder Hansl am Weg, wie der kleine Knöterich auch genannt wird, fasziniert mich sehr. Da bilden seine zähen Triebe ein wirres Polster, als hätte jemand einen Haufen Schnürsenkel zusammen geknäuelt. Spatzen und andere Vögel hüpfen emsig auf ihm herum und picken seine kleinen Früchte, grünliche Nüsschen auf. Unentwegt bildet er immer neue grünlich-weiß-rosa Blütchen, von einer ungeahnten Grazie, die sich erst beim sehr genauen Hinsehen entfaltet. Spatzenzünglein, diesen Namen trägt das einjährige Kräutlein wegen seiner schmal eiförmigen, blaugrünen Blättchen. Tausendknoten, Hundertknöpf oder Knotengras – alle diese Bezeichnungen beschreiben die knotig gegliederten Stängel, wie sie für Knöteriche allgemein typisch sind.

So oft ich auch auf den Hansl trete, er duldet es stets still und wächst einfach weiter. Unvertritt, diesen Titel trägt er völig zu Recht. Seine Blättchen und noch zarten Spitzen kann man sogar essen, sie schmecken kräftig salatartig, sind im Biss aber wesentlich derber. Aufgrund seines Gehaltes an Gerbstoffen, Flavonoiden und Kieselsäure wurde der Vogelknöterich in der Volksheilkunde gegen Nieren- und Lungenleiden eingesetzt.

Und wie war das mit den Wegwarten? Ich habe noch nie beobachtet, dass der Hansl zu Füßen der Wegwarte, der verwunschenen, vergessenen, verstaubten, blauäugigen Jungfer am Straßenrand wächst – immer, wirklich immer sprießt er gegenüber. Wie die zwei Königskinder, die zueinander nicht kommen, bleiben auch Hansl am Weg und Gretl am Rand getrennt.

Oder hat das schon einmal jemand anders beobachtet? Dann würde ja ein Märchen wahr…

Ich werde doch mal eine Geschichte über den Vogelknöterich schreiben – für die Nachrichten der Essbaren Wildpflanzen von Steffen Fleischhauer. Jeden Monat gibt es ja dafür Gelegenheit. Wer es lesen möchte: Nachrichten bestellen unter: www.essbare-wildpflanzen.de – kommt per Mail kostenfrei ins Haus.

5 Gedanken zu „Unverdrossen“

  1. Wunderschön erzählt und vollkommen neu für mich. Herzlichen Dank für diese Geschichte.
    Habe mich gleich bei wildpflanzen registrieren lassen.
    majorahn

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  2. vielen dank für diesen artikel. ich habe heute einen wildbeerenkurs gegeben und auf unserem spaziergang flog am wegesrand aufgeregt eine grosse spatzenschar auf als wir näherkamen. und es war alles voll mit vogelknöterich und wir haben uns das feine pflänzchen angeguckt und konnten ausser diesen wunderhübschen blüten keine samen entdecken, nun weiss ich, dass die spatzen scheinbar doch ebendiese schnausen. so schön!

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    • Die winzigen dreikantigen Nüsschen bleiben in den Kelchen nahezu verborgen. Mit einer guten Lupe sieht man sie aber doch. Spatzen haben den Vorteil, dass sie ganz nahe dran sind! Wir Menschen müssen uns tief bücken, in die Knie gehen oder gar auf den Boden legen – dann können wir aus Spatzenperspektive den Vogelknöterich in voller Pracht bewundern.

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