In aller Regel beginnt die Ernte von wilden Wurzeln im Herbst, wenn sich die Pflanzen zur Ruhe zurückziehen. Sobald die oberirdischen Teile deutlich an Vitalität verlieren, steckt der ganze Reichtum in den Organen unter der Erde. Wer es nicht abwarten kann, wird von den Wurzeln enttäuscht.
Die Wurzel der Echten Nelkenwurz (Geum urbanum) wie bei Bachnelkenwurz (Geum rivale) und Bergnelkenwurz (Geum montanum) beispielsweise duftet nur typisch, wenn sie die der Gewürznelke (Syzygium aromaticum) sehr ähnlichen ätherischen Öle in ihren Wurzeln konzentriert hat – und das ist erst der Fall, wenn der Herbst Einzug gehalten hat. Von einer Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus) kann man erst gehalt- und geschmackvolle Wurzeln erwarten, wenn der im Sommer erwirtschaftete Überschuss in Form von Speicherstoffen angehäuft und gut verstaut wurde.
Ernten lässt sich ab Herbst bis ins Frühjahr, solange der Boden nicht stark gefroren ist. Sobald die Pflanzen anfangen, neue Blätter zu schieben und auf ihre Vorratskeller zurückgreifen, fasst man sich besser wieder in Geduld.
Um dicke Wurzeln, Rüben und Knollen aus dem Boden zu holen, heißt es graben. Aber wo lohnt sich die Mühe? Dazu braucht es viel Erfahrung, und diese muss jeder selbst sammeln. Kenntnisse, wie die verschiedenen Wurzelsysteme aussehen und wie sie wachsen, sind dabei gefragt. Zunächst weisen einem die grundständigen Blätter und Stängel den Weg. Man packe sie am Schopf, aber einfach nur Ziehen wird selten zum Erfolg führen. Mit Wurzelstecher, Handschaufel, Grabgabel oder, wer Metall ablehnt, mit Geweihstücken muss man den Wurzeln nachspüren.
Pfahlwurzeln bohren sich zwar prinzipiell geradewegs in die Tiefe, wenn aber Steine oder andere Hindernisse im Weg sind, machen sie einen Bogen oder verzweigen sich – werden „beinig“. Es bedarf einigen Geschicks, um den Verlauf herauszufinden, damit man die Wurzeln nicht kappt. Dasselbe gilt für Rübenwurzeln, auch die können krumm gewachsen sein. Bei Wurzelknollen gräbt man besser gleich sehr großzügig, durchsucht die Erde dann nach den begehrten Objekten.
Bei Pflanzen, die einen zweijährigen Rhythmus im Wachstum haben, liegt der Wert in den Wurzeln der jüngeren Exemplare, die noch nicht geblüht und gefruchtet haben. Beispiel Große Klette (Arctium lappa): Während Wurzeln einjähriger Kletten sehr knackiges Fleisch mit artischockenartigem Geschmack haben, erweisen sich Wurzeln von Pflanzen mit Blüten- Und Fruchtständen als zäh, holzig, bitter.