Brotduft lag in der Luft

Rauris BrotBeim Rauriser Brotfest 4.-6.9.2009. Das hat  Kräuterpädagogin Angela Marmor besucht, die selbst mit Begeisterung Brot backt und ihre Kunst auch gerne anderen zeigt. Gutes Brot macht Wangen rot – so ihr Motto. Das sollte man mal erleben. Lesen Sie den bericht von Angela Marmor, da bekommen Sie sicher Appetit.
Beeindruckt, beflügelt und mit vielen neuen Ideen bin ich kürzlich vom Rauriser Brotfest heimgekommen. Auf Initiative von Roswitha Huber (Kalchkendlalmbäuerin und Betreiberin der Schule am Berg) fand Anfang September in Rauris, dem Dorf mit der größten Dichte an Holzbrotbacköfen in ganz Österreich, das 1. Internationale Treffen der Holzofenbrotbäcker und -bäckerinnen statt.
Die Gäste kamen von weit her gereist – 10 Nationen waren vertreten – und es mag verwundern, dass darunter Südafrika, Ghana, Taiwan und Madagaskar zu finden waren. Natürlich waren aus den angrenzenden Ländern wie auch aus Österreich selbst die meisten Holzofenbäcker und –bäckerinnen vertreten. Insgesamt waren wohl mehr als 300 Teilnehmer von nah und fern angereist.

Wie gut nur, dass mich unser Steinbackofen-Erbauer, der Maurer Hans aus Kasparzell, auf diese Veranstaltung nicht nur aufmerksam gemacht, sondern auch gleich noch mit hingenommen hat.

Als Kräuterpädagogin hat mich dort natürlich nicht nur das Brot interessiert, sondern alles was mit Natur und Essen zu tun hat. Am Freitag konnte man nach einem Vortrag von der Schweizer Theologin und Buchautorin Gisula Tscharner über den „Backofen – als Ort der großen Transformation“ per „Rundreise“ einige der Öfen in Betrieb sehen und die Backergebnisse kosten. Ein besonders Schmankerl war am Abend auf der Kalchkendlalm von Roswitha Huber geboten. Nachdenkliches und Lustiges präsentierte der bekannte österreichische Mundartdichter Hans Kumpfmüller und musikalisch bereichert wurde die Lesung von Frankie und Matthew aus Ghana mit ihren Trommeln. Das Symposium mit zahlreichen Vorträgen sollte am Samstag beginnen. Die Beiträge waren wirklich brillant – jeder auf seine Weise – und angenehm abwechslungsreich. Es war so interessant, dass ich es tatsächlich fertiggebracht habe einen Kugelschreiber an einem Tag leer zuschreiben, wo ich sonst bei solchen Veranstaltungen nicht mal einen Stift in die Hand nehme.

Rauris 2Die Referenten hatten aber auch einiges geboten.
• Clemens Sedmak: “Brot als Kulturgut”
• Karl Ludwig Schweisfurth: ” Werte, Werte, Werte …”
• Prospere Radiloffe/ Arnaud Vercken: “Ein Ofen auf Madagaskar”
• Apollonia Poilâne/ Brita Steinwendtner: “Gespräch über die Philosophie des Hauses Poilâne
• Susanne Hugo: “Das Walliser Roggenbrot – einmal im Jahr wurde gebacken”
• Karin Buchart: “Wie das tägliche Brot auf unseren Körper wirkt – eine ernährungswissenschaftliche Sichtweise”
• Gunther Naynar: “Gedeiht im Lungau der Roggen froh und prächtig, ist das für Monsanto und Ciba-Geigy ziemlich verdächtig”
• Kaspanaze Simma: “In Fülle leben”
• Sabine Bauer & Anette Mäser: “Film – Die Eigenbrötlerin”
Es würde den Rahmen sprengen darüber im Einzelnen zu berichten – drum ist ja auch der Kugelschreiber leer…

Eine Aussage ist aber spontan haften geblieben: „Brot ist ein Fenster in eine Kultur“…- wie die Menschen mit Brot umgehen, sagt viel aus über ihre gesellschaftlichen Werte und ihren Charakter.
Erwähnen möchte ich aber unbedingt den im Beitrag von Susanne Hugo aus dem Wallis vorgestellten Sortengarten in Erschmatt. Dort sollen alte Getreidesorten und typische Ackerbegleitflora für die Nachwelt erhalten werden. (Da muss ich unbedingt mal hin – keine Frage, am besten, wenn sie ihr besonderes Brot backen.) Ein „Anderes Bild von Wirtschaft“ zeigte Kasparnaze Simma auf, der kurzerhand Erlöse für landwirtschaftliche Produkte in Arbeitsstunden umgerechnet hatte. Ein interessantes Rechenexempel, das sehr nachdenklich stimmte.
Mit den neuesten Erkenntnissen aus der Ernährungsforschung erfreute Karin Buchart die Teilnehmer, als sie berichtete, wie gesund ein Butterbrot mit Marmelade sein kann während die Königin der Bäcker, Apollonia Poilâne aus Paris über ihre Philosopie und Firmengeschichte plauderte und von Prospere Radiloffe die Geschichte, wie ein Dorf in Madagaskar zu einem Backofen und zu Roswitha Huber kam, zu hören war. Gebannt und mit großer Ausdauer verfolgten die vielen Teilnehmer das von 10 – 21 Uhr dauernde Symposium, das nur von kurzen Pausen unterbrochen war. Da wollte keiner was versäumen! Und wer noch fit genug war, konnte anschließend das Tanzbein schwingen.

Der Sonntag begann mit einer sehr unkonventionellen Morgenfeier mit Gisula Tscharner. Die Trommler aus Ghana und die Bayerische Blasmusik gingen dabei eine sehr eigenwillige aber durchaus hörenswerte „Fusion“ ein. Mit Seifenblasen wurden die Gedanken und Wünsche zum Abschluss in alle Himmelsrichtungen geschickt – eine schöne Geste.

Rauris Kalchkendlalm BackofenDanach sollten die Gaumenfreuden nicht mehr zu kurz kommen. Gebäck aller Art und andere Schmankerln erwarteten die Gäste am Festplatz und auch die Bäckerinnen aus Griechenland ließen sich beim Herstellen ihrer Spinattaschen über die Schulter schauen. Berge von Brot türmten sich auf den Tischen und warteten nicht lange auf Abnehmer.
Am Ende dieser Veranstaltung waren zahlreiche neue Bekanntschaften geschlossen und Kontakte geknüpft – kein Wunder, dass am Abend keiner gerne heimgefahren ist.

Angela Marmor – Kräuterpädagogin

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