Corona, Lockdown, Maskenpflicht, Abstandsgebot, Reiseeinschränkungen, geschlossene Läden, Distanzunterricht, Home Office, Online-Meetings, kein Friseur – es gibt vieles, was uns dieser Tage mürbe macht. Mürbe werden auch Äpfel, das geht einem dann schon fast auf den Keks. Der übrigens soll ruhig mürb sein, immerhin ist er oft aus Mürbeteig gebacken.
Jung und knackig, alt und schrumplig
Alles andere als knackig und drall, eher weich und mehlig – das sind viel Äpfel jetzt. Frisch gekauft scheinen sie zuhause oft schon nach wenigen Tagen demoralisiert, die glatte Schale wird zur Schrumpelhaut, das saftige Fruchtfleisch marode, bröselig, abgeschlafft. Warum ist das so?
Straffes Gewebe lockt
Die Äpfel altern, sie unterliegen der Seneszenz, wie der Fachmann sagt (klingt das irgendwie hübscher?). Bei der Reife, in der sich vor allem die im Kernhaus liegenden Samen verbreitungsfähig entwickeln, wirken Pektine (Schleimstoffe) in den Zellwänden wie auch zwischen den Zellen als Kleber und Kitt. Sie sorgen für ein stabiles Gewebe, den prallen Apfel. Außerdem regulieren sie den Wassergehalt, dadurch bleibt der Apfel saftig. Mit Überschreiten einer Hochphase, zu der der Apfel unwiderstehlich auf Verbreiter wirkt – denn das Äußere ist vom Baum ja eigentlich nur zur Anlockung gedacht, damit die Frucht gepflückt und verputzt wird, so dass die Samenkerne später an völlig anderer Stelle wieder ausgeschieden werden – geht es dem Ende entgegen.
Das Gewebe erschlafft unweigerlich
Ethylen, ein bei Pflanzen wie ein Hormon wirkendes Gas, wird vom reifen Apfel ausgeschieden. Es regt die Alterung an, bei allen anderen Äpfeln wie auch bei anderen Pflanzen. Daher darf man reife Äpfel nicht neben Bananen lagern, die sonst allzu schnell altern, sprich braun werden, oder zu Schnittblumen stellen, die rasch dahinwelken. Ethylen bewirkt, dass Chlorophyll abgezogen wird, dass sich die Pigmentierung verändert (der Apfel z.B. eine dunkelrote Schale bekommt), dass Speicherstoffe zu Zucker umgebaut werden (wodurch der Apfel fein süß wird) – und es werden Pektine abgebaut. Dadurch verliert das Fruchtfleisch an Festigkeit und Saftigkeit – der Apfel wird mürb. da sieht und spürt man mal wieder, was Altern eigentlich bedeutet…
Alter macht unwiderstehlich
Wer mürbe Äpfel nicht mehr als Tafelobst essen mag, hat aber mit genau diesen besten Erfolg in der Küche: Für herrliches Apfelmus, für wonnige Bratäpfel, für phantastischen Apfelkuchen, für gebratene Apfelscheiben zu Leber oder für Himmel und Erde. Dafür muss man einfach mürbe Äpfel nehmen, die ihre Pektine weitgehend verloren haben, erst gealtert also zur Höchstform auflaufen. Ähnlich wie bei Kartoffeln, wo man ja auch Püree aus mehlig kochenden und Salat aus festkochenden Sorten zubereitet – aber das ist eine ganz andere Geschichte.