Und nochmal Taubnesseln, wahre Zuckerschnütchen: Kommt man den Hummeln zuvor, die das Hummelkarussell (das ist ein alter Name der Taubnesseln) anfliegen und die im Kreis um den vierkantigen Stängel aufgereihten Blüten wie beim Ringelspiel nacheinander besuchen, kann man selbst „Bienensaug“ spielen. Ausgezupfte Blüten, wie miniaturisierte Trinkhörner am Ansatz in den Mund gesteckt, lassen sich auslutschen. Honigsauger, Suggelblume, Schlotzerli, Schluznessel, Honigschläppchen, Zuckerschnuller, Zuzala, Zullerbadscher – all diese malerischen Bezeichnungen verraten den Spaß, den unzählige Kinder und Kind gebliebene Erwachsene schon mit den Taubnesseln erlebt haben. Weniger geläufig ist das Kindervergnügen, das Blütenröhrchen vorsichtig zwischen die Lippen zu nehmen, sachte hindurch zu pusten und dabei einen feinen Klang zu erzeugen – sind die Taubnesseln vielleicht deshalb wahre Lippenblütler?
Nicht nur zuckersüß
Unverzichtbar gehören Taubnesseln zur Frühlingskost, etwa in die Gründonnerstagssuppe zur allgemeinen Kräftigung oder in den grünen Wildkräuter-Smoothie zum Entschlacken. Schon sehr bald erscheinen die jungen Triebspitzen aus dem Boden, die Purpurrote Taubnessel blüht als eine der ersten Pflanzen der Heimat überhaupt. Alle haben einen sehr typischen, erdigen Geruch und einen Geschmack, der an frische Waldpilze erinnert. Die zarten Triebe strotzen vor Blattgrün, Vitaminen und Mineralstoffen und sind reich an gesunden Faserstoffen. Obwohl sie roh durchaus verzehrbar sind, schmecken sie kurz und schonend gedünstet, gekocht, gebraten viel besser.
Feines für die Küche
Ob mit weißen, roten oder gelben Blüten, essbar sind alle Taubnesselarten. Purpurrote, Weiße, Gefleckte, Gold-Taubnessel (Lamium galeobdolon), für die Küche werden bevorzugt die jüngsten Blätter zum Rohgenuss oder als Gemüsebeigabe sowie die Blüten zur Garnierung verwendet. Alles, was man mit Brennnesseln kochen kann, geht auch mit Taubnesseln, z.B. Risotto (mit Goldnessel wird es zum „Gold-Risotto“), Füllung für Quiche, Lasagne, Ravioli oder Maultaschen, für Pesto und sogar Eis. Taubnesseln lassen sich gut mit ihren brennenden Pendants vereinen, etwa für ein Wildspinatgemüse.
Besondere Köstlichkeiten
Sehr elegant: Taubnesselsud für Süßwasserfisch (inspiriert vom leider viel zu früh verstorbenen österreichischen Spitzenkoch Meinrad Neunkirchner) – dafür Weißwein, Wermut, Fischfond mit Taubnesseln sowie Pfefferkörnern, Lorbeerblättern, Zitronenschale und Salz aufsetzen, darin Fisch pochieren. Und dazu: Taubnessel-Spinat, Taubnessel-Kartoffelpüree, Taubnessel-Soufflé. Und warum nicht Taubnesseln zum Färben und Anreichern von Teigen verwenden?