Prinzessin

ErbsenblueteDas Märchen von der Prinzessin auf der Erbse kommt einem unweigerlich in den Sinn, sobald man sich eine Erbsenblüte mal etwas genauer besieht. Ist sie nicht eine Prinzessin, die Erbsenblüte? Die Blütenblätter bergen ihr kostbares Geheimnis sehr innig. Kaum ein Insekt ist stark genug, um die beiden Flügel beiseite zu drücken und zum Ort der Begierde zu gelangen. Und deshalb muss sich die Prinzessin mit sich selbst vergnügen, es bleibt bei Selbstbestäubung.

Die Blüten

Zierlich geputzt, im weißen Schleier
Harren die Blüten auf ihren Freier:
Herrn Flätterling, Herrn Sumsumsum,
Herrn Muck oder Puck oder Hummelbrumm.

Sind noch viel scheue Bräutchen dabei,
Die hielten sich gerne noch frei,
Bis alles auch wirklich in Ordnung sei!
Drum schließen sie eng noch den Kelch zusammen,
Bergen noch streng vor den Sonnenflammen
Ihre Narben und Pollen,
Daß die noch warten sollen.

Aber die anderen lockte das Licht,
Und sie wehrten sich nicht.
Und die Lustigsten und die Kühnsten,
Die sich schon ganz erschlossen,
Kichern: Wir stünden schon heut’ zu Diensten
Jedem Genossen!

Husch, ist der Himmel schwarz und schwer
Wie die Nacht!
Hui, und da braust es schon her
Pfeilgeschwind –
Seine Hochzeit macht
Junker Wirbelwind!

Tanzt einen tollen Reigen
Mit den erschrockenen Zweigen,
Greift in gierigem Wüten
Alle die offenen Blüten,
Wühlt darinnen mit wilder Lust
Und zerpflückt sie an seiner Brust!

Ein Strahl, ein schmetternder Schlag…
Ruhig wieder blaut der Tag
Ueber dem Hag.
In den erschütterten Lüften
Liegt von versprühten,
Verflatterten Blüten
Süßes, trunkenes Düften,
Als wollten im Tode noch sagen
Sie, die der Sturm zerschlagen:
Mußten wir auch verglühn,
Wohl uns – wir starben im Blühn!

Doch auch die Unversehrten, die Zagen,
Haben’s nun gut,
Fassen wieder Mut,
Richten sich auf mit Behagen,
Träumen von langer Sonnenglut
Und vom Früchtetragen.

Hanns von Gumppenberg

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