Wo Bärlauch, Lerchensporn, Windröschen und Scharbockskraut wachsen, kommt oft auch der Wald-Gelbstern (Gagea lutea), ein Vertreter aus der Familie der Liliengewächse (Liliaceae) vor. Er ist ein Frühlings-Geophyt, d.h. eine Pflanze, die mittels unterirdischer Speicherorgane einen auffälligen Wachstumsrhythmus folgt. Dank der Zwiebeln aus fleischigen Speicherblättern, überdauert er unter der Erde (Geo-phyt bedeutet so viel wie Erd-Pflanze) können die im Zentrum gut geschützt liegenden Knospen schon früh im Jahr austreiben.
Sehr rasch bildet der Gelbstern ein einziges, linalisches Grundblatt mit kapuzenartiger Spitze, einen Blütenstängel mit zwei lanzettfömigen Hochblättern und einer Scheindolde mit drei bis sechs Blüten. Sechs Kronblätter öffnen sich zu einem Blütenstern, darin stehen sechs Staubblätter um einen dreifächerigen Fruchtknoten. Sofern die Witterung günstig ist, bestäuben Insekten die Blüten. Die Samen in den Kapselfrüchten werden vom Wind verbreitet oder, dank nahrhafter Anhängsel, von Ameisen verschleppt.
Wald-Gelbsterne mit sehr kräftigen, großen Zwiebeln vermehren sich vorwiegend generativ über Samen. Sie warten also auf Bestäubung und entwickeln nach erfolgter Befruchtung Früchte. Sind die Zwiebeln durch ungünstige Umstände allerdings klein geblieben und verfügen sie nur über geringe Nährstoffreserven, vermehren sich die Gelbsterne vegetativ, bilden in den Blütenstandsachsen Bulbillen. Diese Miniaturzwiebeln schlagen Wurzeln, sobald sie zu Boden fallen. Ist der Zwiebelspeicher etwas besser gefüllt, setzen die Gelbsterne unterirdisch Brutzwiebeln an. Es gibt beim Wald-Gelbstern einen sog. „Umschalter“, der abhängig vom Nährstoffspeicherstatus steuert, auf welche Weise die Vermehrung geschieht.
Anhand der Zwiebeln lässt sich der Wald-Gelbstern oft gut von den übrigen heimischen, auf den ersten Blick sehr ähnlichen Gelbstern-Arten unterscheiden. Jede Pflanze verfügt nämlich stets nur eine einzelne Zwiebel. Viel seltener als der Wald-Gelbstern sind Wiesen-Goldstern (Gagea pratensis) mit einer von zwei gelblichen Nebenzwiebeln flankierten Hauptzwiebel, Zwerg-Goldstern (Gagea minima) mit zwei hautumschlossenen unterschiedlich großen Zwiebeln sowie Scheiden-Goldstern (Gagea spathacea) und Acker-Goldstern (Gagea villosa)mit je zwei, von einer Haut umschlossenen Zwiebeln.
Gelbsterne gelten als schwach giftig. Sie enthalten in allen Teilen Tuliposide, organische Verbindungen mit einem Zuckeranteil. Sie dienen den Pflanzen vor allem zur Abwehr von Pilzen. Beim Menschen können Tuliposide Hautreizungen und -entzündungen hervorrufen, bei Tulpen etwa zu sog. Tulpenfingern oder Tulpenkrätze führen. Doch wegen des nicht abschätzbaren Risikos einer Haut- und Schleimhautreizung sowie aus Gründen des Naturschutzes (Zwiebeln gehören in den Boden, damit der Pflanzenbestand erhalten bleibt) ist von einer Nutzung der Gelbsterne abzuraten.
In früheren Zeiten hat man Gelbsterne wohl gegessen, insbesondere die Zwiebeln. Leonhart Fuchs (1501-1566), der berühmte pflanzenkundige Mediziner, beschreibt den Wald-Gelbstern als Heilmittel gegen Geschwüre, indem man die Zwiebeln in heißer Asche bäckt, mit Honig mischt und als Umschlag auflegt. Die Zwiebeln könnten, so Fuchs, „Lust und Begierde zu den Weibern wecken“, indem man sie zweimal kocht. Aber Fuchs warnt auch vor der Giftigkeit, man dürfe nicht zu viel davon esse, weil die Zwiebeln Adern und Nerven schaden würden.
Der botanische Name Gagea wurde der Gattung der Gelbsterne nach dem britischen Amateurbotaniker Sir Thomas Gage (1781-1820) verliehen. Gemäß dem Eigennamen müsste die wissenschaftliche Bezeichnung Gagea englisch, also [geidʒia] ausgesprochen werden. Die deutschen Volksnamen Gelbstern, Goldstern, Sternblume leiten sich von der Blütengestalt ab, Stern der Heiligen drei Könige oder Gelber Stern von Bethlehem nehmen zusätzlich auf die frühe Blütezeit Bezug. Auch Gelbe Fastenblume, Märzenstern, Osterblume oder Georgsgrün spiegeln die Blütezeit, der Wald-Gelbstern blüht je nach Region in der Fastenzeit um Fasching, zeitig im März, zum Osterfest oder in rauen Gebieten erst um den Georgstag am 24. April. Nach den unterirdischen Organen bezeichnet das Volk den Wald-Gelbstern auch als Ziegenlauch, Feldzwiebel, Wilder Knoblauch oder Erdnuss. Die Titulierungen Gerstblüml oder Habergras sind zu erklären, indem die Blätter wie junges Getreide erscheinen, sogar das einzelne Grundblatt an das einzelne Keimblatt von Gerste oder Hafer erinnert.