„Wenn Agnes und Vincentis kommen, wird neuer Saft im Baum vernommen.“ Heute ist der Gedenktag der Hl. Agnes (Patronin der Jungfrauen, Verlobten, Kinder, Blumenbinder und Gärtner sowie der Keuschheit), morgen der vom Hl. Vinzenz (Patron der Ziegelbrenner, Töpfer, Dachdecker, Winzer, Seeleute, Holzfäller, des Federviehs, der Kaffeehäuser). Und nach der alten Bauernregel endet damit die Holzarbeit im Wald – weil die Ruhezeit der Bäume aufhört. Können Sie es spüren, wie sich die Bäume regen?
„An Fabian und Sebastian fangen Baum und Tag zu wachsen an.“ Schon die Weisheit vom gestrigen 20. Januar hat ebenso darauf hingewiesen. Im Bauminneren und in den Wurzeln gespeicherte Reservestoffe werden jetzt zunehmend mobilisiert und verlagert – dahin, woher sie gekommen sind, in die Peripherie der Äste. Damit die Knospen bereit sind für den Austrieb. Können Sie es ahnen, was passiert?
Nach dem spätesten Sonnenaufgang Anfang Januar wächst der Tag bis zum Ende des Monats um eine Stunde an, von achteinhalb auf neuneinhalb Stunden. Pflanzen haben wie wir Menschen eine innere Uhr, das Räderwerk wird von biochemischen Substanzen gesteuert, die auf Licht reagieren. Doch die Messung von Hell-Dunkel-Phasen reicht nicht aus, um das Wachstum wieder anzuschieben. Die Schräubchen im komplexen Gefüge werden entscheidend auch von der Temperatur gedreht. Erst nach einer sog. Chilling-Phase (Zeitspanne mit Temperaturen mindestens knapp um den Gefrierpunkt), die je nach Art verschieden lang sein muss, kann Wärme dann die Säfte so richtig ins Steigen bringen, die Knospen locken.
Dass es unter den Pflanzen ganz vorwitzige gibt, lässt sich gut bei Hasel und Erle verfolgen. Höchst erstaunlich, wie rasch die Kätzchen auf die zunehmende Tageslänge und schon kurze Intervalle mit milderen Temperaturen reagieren. Schwupp, schon staubt’s! Auch bei Weiden und Pappeln wird Tatendrang sichtbar: Kätzchen schieben sich manchmal schier über Nacht heraus.