Bäume im Advent: 2

Kommt man in der dunklen Jahreszeit an der Fichte vorbei? Sicher nicht, der häufigste unserer Waldbäume birgt schließlich viele Geschichten. Sie galt unseren Vorfahren als mächtiger Nutz- und Schutzbaum, man sah in ihr ein Symbol fürs ewige Leben und sie war Sinnbild für Hoffnung. Mit ihrem geraden, geordneten Wuchs soll die Fichte einem Klarheit bringen und den Lebensweg weisen. Ihre hoch aufragende, pyramidale Gestalt bündelt die Lebensenergie und knüpft den Kontakt zum Überirdischen. Grund genug, sich in den Wald zu begeben und eine Fichte zu bewundern, ihr den Respekt zu erweisen.

Die Fichte

Der Fichte nächtlich sanftes Tagbetragen
Belebt Geschickeswürde kühn im Wald.
Kein Zweiglein kann in ihrer Waltung zagen,
Die ganze Nacht gibt ihrem Atem Halt.

Es scheint ein Stern an jedem Ast zu hängen.
Des Himmels Steile wurde erst im Baum.
Wie unerklärt sich die Gestirne drängen!
Vor unserm Staunen wächst und grünt der Raum.

Ihr himmlisches Geheimnis bringt die Fichte
Den Blumen, unsern Augen fürstlich dar,
Ihr Sein erfüllte sich im Sternenlichte,
Sie weiß bei uns, daß Friede sie gebar.

Was soll der Weltenwind im Samtgeäste?
Die Fichte weicht zurück und spendet Rast.
Ein Baum, der alle Sterne an sich preßte,
Bleibt groß und segnet uns als guter Gast.

Theodor Däubler

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