Die Frage taucht immer wieder auf und beschäftigt viele: Darf man Waldmeister (Galium odoratum) verwenden, wenn er blüht? Manche meinen gar, dass Waldmeister giftig würde, sobald er blüht (mehr zur Giftigkeit HIER). Andere winken nur lässig ab.
Und? Was gilt, was stimmt?
In manchen Jahren – so wie in diesem – bildet der Waldmeister so schnell Blüten, dass man gar nicht so schnell blütenlose Triebe pflücken kann. Auch der Wuchsort hat darauf Auswirkungen, etwa ob der Waldmeister viel Sonne und Wärme abbekommt, ob es sehr feucht oder trocken ist. Das hat aber nicht unbedingt Auswirklungen auf die Qualität. Worauf es ankommt, ist der Gehalt an Cumarinen, die für den typischen Duft und das Aroma verantwortlich sind (Wichtig: Cumarine werden erst wahrnehmbar, wenn der Waldmeister welkt!). In Jahren, in denen Waldmeister sich langsam entwickelt, sind diese Cumarine vor der Blüte am höchsten konzentriert und schwinden, sobald sich die Blüten öffnen. Kommt der Frühling aber mit Macht und sehr schnell, dann fallen Cumarin-Produktion und Blütenbildung zusammen. Giftig wird der Waldmeister nicht, weil er blüht, sondern nur wenn die Cumarine in zu hohen Dosen eingenommen werden. Nach der Blütezeit schmeckt Waldmeister zusehends herb und bitter, weil er „sein Pulver verschossen“ hat, sich auf die Fruchtbildung verlegt und keine angenehmen Aromen mehr feilhält.
Und wie geht man jetzt vor?
Ganz einfach, nach eigenem Gespür. Einen Waldmeister-Stängel pflücken, etwas reiben, quetschen und nach einer Weile (5 Minuten, manchmal auch länger) riechen. Duftet es verführerisch, ist der Waldmeister perfekt zur Ernte. Riecht man kaum etwas, enttäuscht das Aroma, hat man den Erntezeitpunkt noch nicht erreicht oder schon überschritten. Dann bleibt nur, zu warten, eventuell aufs nächste Jahr. Vielleicht hat man aber auch einen nicht duftenden Verwandten, das Wald-Labkraut (Galium sylvaticum) erwischt?
