Seidelbast: giftig oder nicht?

Wenn der Winter sich langsam verzieht, im Wald oder auch im Garten, zieht einen bisweilen ein betörender Duft in den Bann. Folgt man der magischen Spur mit der Nase, steht man bald vor einem kleinen Strauch, der noch ganz kahl ist – ausgenommen einiger Blüten: der Gewöhnliche Seidelbast (Daphne mezereum). Optisch macht er nicht viel her, nur ein paar dünne Rutentriebe ragen bis zum Knie oder der Hüfte, selten bis zur Brust empor. Aber direkt an den Zweigspitzen drängen sich rosarote, vierzipfelige Blüten, die gar heftig verlocken. Solange man nur daran riecht, besteht keine Gefahr.

Die stark duftenden Seidelbast-Blüten bilden sich in den Blattachseln des Vorjahres unmittelbar an den holzigen Trieben, stets an den Spitzen der rutenartigen Zweige. Sie haben keine Kronblätter, die Schauwirkung wird von den rosaroten Kelchblättern übernommen.

Das Seidelbast- oder Spatzenzungengewächs (Thymelaeaceae) kommt in unseren Buchenwäldern auf kalkhaltigem Untergrund nur sporadisch vor, steht auch unter Naturschutz, wird aber gerne auch in Gärten gepflanzt. Weil der kleine Strauch dort schon im Vorfrühling für Attraktion sorgt, wenn sonst kaum etwas blüht. Und stark duftende Pflanzen sind im Garten stets hochwillkommen. Wünschenswert, dass der Seidelbast im Wald angetroffen, lobenswert, wenn der Seidelbast in den Garten gesetzt wird. Nur sollte man wissen, dass es sich beim Seidelbast um eine Giftpflanze handelt.

Die beerenartigen Früchte reifen von August bis Oktober.

Mezerein und Daphnetoxin sowie weitere Stoffe bedingen, dass Seidelbast zu den stark giftigen Pflanzen gezählt wird. Zum Tragen kommet das meistens erst später im Jahr, wenn die Früchte reifen. Die größte Gefahr geht von den leuchtend roten, an Johannisbeeren erinnernden Steinfrüchten aus, wenn sie verzehrt werden. Bereits eine geringe Zahl, frisch oder getrocknet, kann zu schwerwiegenden Vergiftungen führen: Brennen und Kratzen im Mund, Schwellung der Lippen und Mundschleimhaut, Übelkeit, Erbrechen, verstärkter Speichelfluss, Trockenheit im Mund, Bauchschmerzen sind die ersten Anzeichen. Durstgefühl, Schluckbeschwerden, Atemstörungen, Unruhe, Kopfschmerzen, erhöhte Nasensekretion, Krämpfe, Desorientiertheit, blutiger Urin sowie blutiger Durchfall folgen. Zudem muss man damit rechnen, dass nach einer überstandenen Vergiftungen Spätfolgen eintreten, oft bleiben Nierenschädigungen und Störungen im Magen-Darm-Trakt noch lange bestehen. Man sollte zwar meinen, dass unangenehmer Geschmack und schnell einsetzendes Brennen im Mund sowie Kratzen im Hals vom Essen abhalten, doch Berichte aus den letzten Jahren sprechen dagegen – ausgerechnet Kinder waren von Vergiftungen betroffen.

Deshalb sollten Kinder unbedingt und so früh wie möglich damit vertraut gemacht werden, dass sie nichts in den Mund stecken dürfen, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Um sie warnen zu können und sich auch als Erwachsener zu schützen, muss man über den Seidelbast ganz einfach Bescheid wissen. Dazu gehört auch noch, dass auch der Pflanzensaft aus Blüten, Blättern, Zweigen und Früchten giftig wirkt, wenn er auf die Haut gelangt. Die Haut wird stark gereizt, es setzt Bläschenbildung ein, Entzündung macht sich breit, es können sich Geschwüre entwickeln.

Nicht nur der Gewöhnliche Seidelbast ist stark giftig, auch alle anderen Arten der Gattung, wie etwa der Rosmarin-Seidelbast (Daphne cneorum), auch Steinröserl genannt

Trotzdem muss man nicht in Hysterie verfallen und anstreben, den Seidelbast komplett aus unserem Umfeld zu verbannen. Schmetterlinge wissen den Seidelbast wegen seiner frühen Blüte als Nektarspender zu schätzen – sie übernehmen dabei auch die Bestäubung. Vögel nutzen die Früchte als Nahrung, ihnen scheint das Gift nichts auszumachen, die sehr giftigen Steinkerne scheiden sie wieder aus – und verbreiten den Seidelbast damit.

Wichtig zu wissen:

  • Seidelbast ist ein überaus wertvoller Kleinstrauch unserer Wälder, dazu auch ein bemerkenswertes Ziergehölz mit hohem Nutzen für die Insekten- und Vogelwelt.
  • Seidelbast darf stets bewundert werden, aber niemals gepflückt, beschnitten oder gar ausgegraben, denn er ist laut Artenschutzverordnung besonders geschützt.
  • Mit den Augen betrachten, aber nicht mit den Händen anrühren und schon gar nichts davon in den Mund stecken, denn Seidelbast ist in allen Teilen stark giftig.
  • Aufklärung ist immer gut: Je mehr Menschen den Seidelbast sicher erkennen und über dessen Eigenschaften Bescheid wissen, desto besser! Dann verpuffen unnötige Horrormeldungen und es entsteht keine Hysterie. So kommen alle klar – wir Menschen, die heimische Flora und der Seidelbast.

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