Schottergärten mit Blütenjuwelen

Ich schreibe hier nicht von den unsäglichen „Gärten des Grauens„, die den Namen Garten nicht verdienen. Nein, ich rede von Schottergärten, die es im Gebirge gibt und in denen von Natur aus besonders bemerkenswerte Pflanzen gedeihen. Sowohl Schotterflächen zu Füßen imposanter Felswände wie auch Schotterbänke der Alpenflüsse sind gemeint – und hier in dieser überwiegend vegetationslosen Steinwüste gibt es ein Rosengewächs, das in vielfacher Hinsicht ein Juwel, aber auch ein besonderer Überlebenskünstler ist: die Silberwurz (Dryas octopetala).

Mit langen Pfahlwurzeln verankert sich der Zwergstrauch im lockeren Untergrund. Er lebt mit Bakterien und Pilzen in Symbiose. Nur dank dieser Mikroorganismen, die Luftstickstoff fixieren und andere Nährsalze im Austausch gegen Kohlenhydrate liefern, kann die Silberwurz überhaupt unter solch lebensfeindlichen Bedingungen existieren. Das Leben verläuft sehr langsam, die Stämmchen der Silberwurz nehmen pro Jahr nur um 0,1 bis 0,2 mm pro Jahr an Umfang zu. Sehr bedächtig, doch beständig – eine Silberwurz kann ohne Weiteres hundert Jahre alt werden – breitet sich der Strauch wie ein flaches Spalier über die Steine zu einem größeren Teppich oder Kissen mit ein, zwei Metern Durchmesser aus.

Wenn sich solche Polster dann ab Mai mit Blüten schmücken, ist das ein begeisternder Anblick: schalenförmige Blüten mit acht Kronblättern in blendendem Weiß richten sich wie kleine Parabolspiegel nach der Sonne aus. Sie wirken wie winzige Wärmeinseln inmitten der kalten Umgebung und locken so allerlei fliegende Gäste herbei. Ihren Namen trägt die Silberwurz jedoch nicht nach den silberweißen Blüten, sondern nach der weißfilzigen Behaarung auf der Unterseite ihrer dunkelgrünen Blätter. Und weil die von der Form her wiederum an Eichenlaub erinnern, verlieh man der Silberwurz die botanische Bezeichnung Dryas, nach dem Namen der Baumnymphe, die in den Eichen lebt.

Ein Tee aus den Blüten soll nach altem Volksglauben Träume intensivieren. Wer den am Sonnwendabend trinkt, dem wird angeblich im Schlaf sein für eine glückliche Ehe bestimmte Liebste erscheinen. Aber das ist ja auch nur ein alter Aberglaube – und pflücken sollte man die Blüten besser nicht. Denn sonst entgeht einem das Schauspiel des Grantigen Jagers oder Wilden Mannes. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte…

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