Quendel – die wilden Brüder des Thymians

Kommt jemand ohne die aromatische Würzkraft von Thymian aus? Gleich eine ganze Reihe von Thymian-Arten und Sorten aus Garten und Handel stehen für die Küche zur Auswahl, darunter Echter Thymian, Kümmelthymian, Zitronenthymian, Orangenthymian… Doch die urwüchsigen Formen aus freier Natur sind für authentische Zubereitungen vieler Gerichte unverzichtbar. Allen voran, weil am weitesten über Europa verbreitet, kommt hier der Feld-, Wiesen- oder Berg-Thymian (Thymus pulegioides), auch Quendel genannt, zu Ehren. Aber auch der Sand-Thymian (Thymus serpyllum) wird als Quendel angesprochen – nur her mit den breitblättrigen Verwandten. Mit etwas Glück sieht man sie sogar jetzt zu dieser späten Jahreszeit noch blühen.

Ein Quentchen Quendel

Echter Thymian (Thymus vulgaris) mit schmalen, nadelartigen Blättchen

Anders als der aus der Macchia des Mittelmeerraums stammende und nördlich der Alpen nicht immer frostharte Echte Thymian (Thymus vulgaris) mit seinen graugrünen, nadelartigen Blättchen an straff aufrechten Trieben entwickeln die heimischen Quendel, bevorzugt mit kriechenden Stängeln an trockenen Böschungen, auf sandigem, felsigem Untergrund oder in lichten Kiefernwäldern zu finden, ein zarteres Aroma.
In ihren dunkelgrünen, eiförmigen Blättern steckt eine etwas andere Zusammensetzung an ätherischen Ölen – das verleiht ihnen den typischen Charakter. Je karger der Untergrund, je sonniger der Standort, je höher die Lage, desto intensiver wird die Würzkraft.

Quendel hat Qualitäten

Quendel-Arten haben relativ breite Blättchen im Vergleich zum Echten Thymian

Was für ein Segen, dass man immergrüne Quendel nahezu das ganze Jahr über ernten kann. Frisch verwendet entfalten sie ein besonders feines herb-harziges, mild-pfeffriges und leicht zitroniges Aroma, das nicht so rauchig und medizinisch geprägt wie beim Echten Thymian ausfällt. Dadurch gibt Quendel zwar gut Geschmack, wird aber nicht so schnell dominant wie Echter Thymian.

Quietschfidel mit Quendel

Sand-Thymian wächst kriechend, die Triebe sind rundum behaart

Hildegard von Bingen, die berühmte Äbtissin, beschrieb Quendel als „warm und gemäßigt“, er durfte für sie er in keiner Küche fehlen. Zudem empfahl Hildegard Quendel regelmäßig als Gewürz zu verwenden, weil er innerlich reinige und für eine schöne Haut sorge. Und winterlichen Erkältungskrankheiten beugt er auch noch vor. Quendelarten werden im Vergleich zum Echten Thymian als weniger heilkräftig eingestuft, weil ihr Gehalt an ätherischen Ölen niedriger ist, man bevorzugt sie wegen ihrer Gerbstoffqualitäten jedoch, wenn es um Magen-Darm-Probleme geht. In Volkes Medizin vertraut man Quendel ebenso wie Thymian, wenn es um Linderung von Schnupfen, Husten, Blasenentzündung, rheumatischen Beschwerden, aber auch ums Vertreiben von Mundgeruch geht.

Quendel querbeet

Bratkartoffeln mit Quendel

Gibt es eigentlich etwas, wo Quendel nicht ein ausgezeichneter Begleiter ist? Gerade zur Herbstküche passt er optimal – zu Heidelbeeren, Zwetschgen und Äpfeln ebenso wie zu Esskastanien, Kartoffeln und Steinpilzen. Zu Schöpsernem wie Bockenem, zu Wildfleisch, Würsten und Käse darf Quendel nicht fehlen. Apfel-Risotto mit Quendel, Maronensuppe mit Quendel, Kürbispüree mit Quendel? Nicht nur zur Blütezeit ist Quendel als Garnitur beliebt, schmeichelt aber ebenso Gebäck und süßen Speisen.

Berglamm mit Quendel-Jus

Quendeln Sie los!

3 Gedanken zu „Quendel – die wilden Brüder des Thymians“

  1. Fèr mich interessant:
    Der Quendel scheint in der Fachliteratur nicht wirklich fassbar zu sein. Es gibt grosse Unterschiede auch in den lateinischen Bezeichnungen. Ich habe schon über dreissig verschiedene Quendelarten gefunden – mit z.T. auch regionalen Ausfärbungen.
    Und manche wiederum behaupten, dass das, was Sie hier als Quendel bezeichnen eigentlich Bergthymian heisst, usw.
    Nur mal so als Bemerkung.
    Reichart Xaver

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    • Tatsächlich werden mit „Quendel“ nicht nur die verschiedensten Arten der Gattung Thymus bezeichnet, sondern auch Calamintha acinos, Sedum acre und selbst Saliconia europaea. Quendel (wie auch abgeleitet Kundel) ist wohl entlehnt dem Lateinischen cunila/conila für eine Pflanze, die nicht mehr genau zugeordnet werden kann.
      Danke für Ihre Gedanken.
      Karin Greiner

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  2. Frisch gesammelter Quendel aus den Bergen ergibt nach meiner Erfahrung nicht nur ein sehr feines Gewürz, sondern auch einen super Tee zur Reinigung und Entschlackung auf allen Ebenen.
    Einfach Mal ausprobieren, aber nehmen Sie am Anfang nur wenig blühendes Kraut – und je höher gesammelt, desto stärker wirkt er.

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