Den Tag verbrachte sie am liebsten unter freiem Himmel. Sie lernte, dass jede Jahreszeit einen eigenen Zauber verströmte, im Frühling war es das große Erwachen.
Sobald das Schneeglöckchen mit seinen Blütenköpfchen die Schneedecke durchstoßen hatte und sich den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen reckte, begann ein großes Wetteifern. Keiner wollte zu spät kommen, nicht die zahlreichen Frühlingsblumen, nicht der Bär, der Igel oder das Eichhörnchen, die ihren Winterschlaf beendeten. Die Zugvögel kehrten zurück und die Sträucher und Bäume begannen ihre nach innen gekehrte Kraft wieder in saftiges Grün zu verwandeln. Der Sommer bot eine üppige Fülle und Pechmarie nahm all die Energie dieser Jahreszeit in sich auf. Im Herbst konnte sich ihr Herz an der Farbenpracht erfreuen, wenn die Bäume anfingen, sich wieder auf die kargen Monate vorzubereiten. Es war die Zeit des Sammelns und Erntens, nicht nur die Apfelbäume wollten jetzt geschüttelt werden. Es gab Beeren, Nüsse, Wildfrüchte und allerlei Wurzeln. Aber selbst die kalte Jahreszeit erfüllte sie mit Freude. Wenn sie durch den Winterwald spazierte, war ihr, als ob der Schnee durch das Glitzern und Funkeln ihre Seele von innen her wärmte.
Nach jedem Winter kehrt der Frühling zurück, das ist gewiss. Als es an einem Frühlingstag noch zu kalt war um auf dem Boden zu sitzen, hat sie sich an einer großen Buche aus dürren Ästen und Laub ein gemütliches Laubsofa gebaut. Schön weich gepolstert saß sie da und lauschte dem Raunen der Bäume, wenn der Wind durch die Äste strich und sie sog den Gesang der Vögel in sich auf. Jede Vogelart zwitscherte auf ihre eigene Weise und sie versuchte, die Vogellaute nachzuahmen. Selbst im Flügelschlag der Schmetterlinge oder im emsigen Treiben der Ameisen vermochte sie einen Klang wahrzunehmen.
Morgen: Vierter Teil von „Pechmarie im Wald“ von Veronika Urtl.