Palmsonntagsblumen

Letzter Sonntag der Fastenzeit – Sonntag vor Ostern – Beginn der Karwoche: mit diesem Tag ist allerlei Brauchtum verbunden. Wer als Letzter aufsteht, muss sich als Palmesel verspotten lassen. In manchen Regionen bringt der Palmhase mit Zwiebelschalen gefärbte Eier als Vorgeschmack auf Ostern. Aus Hefeteig backt man andernorts Palmvögel, die auch auf den Palmstock gesteckt werden. Der wiederum wird wie auch der Palmbuschen, Palmbesen oder die Palmstange mit Pflanzen versehen.

Oft setzt sich der Pflanzenschmuck neben den häufig verwendeten Palmkätzchen der Salweide (Salix caprea) aus sieben verschiedenen Arten zusammen, stets ist Immergrünes wie Buchs, Stechpalme oder Wacholder dabei. Die Stechpalme (Ilex aquifolium) trägt daher auch den Namen Stechender Palm, Palmbusch, Palmhecke. Buchs (Buxus sempervirens) nennt man auch Palmstock oder Palmstrauch, Wacholder (Juniperus communis) Palmstaude.

Es gibt auch eine Palmsonntagsblume, die wir eher mit Ostern verbinden: die Gelbe oder Trompeten-Narzisse (Narcissus pseudonarcissus). Volksnamen wie Osterglocke, Osterschelle, Märzenbecher, Märzkelch, Lenzbecher, Hornungsblume, Gertrudenblume, Josefikraut, aber eben auch Palmsonntagsblume weisen auf die frühe Blütezeit dieses auffälligen Amaryllisgewächses hin. Mit dem Palmsonntag ist die Gelbe Narzisse auch noch mythologisch verbunden. In den Homerischen Hymnen, wo der Raub der Persephone durch Hades beschrieben wird, heißt es:

„Fern von Demeter, der Herrin der Ernte, die mit goldener Sichel schneidet, spielte sie und pflückte Blumen mit den Töchtern des Okeanos, Rosen, Krokus und schöne Veilchen, Iris, Hyazinthen und Narzissen. Die Erde brachte die Narzisse hervor als wundervolle Falle für das schöne Mädchen nach Zeus‘ Plan, um Hades, der alle empfängt, zu gefallen. Sie war für alle, unsterbliche Götter und sterbliche Menschen, ein wundervoller Anblick, aus ihren Wurzeln wuchsen einhundert Köpfchen, die einen so süßen Duft verströmten, dass der ganze weite Himmel droben und die ganze Erde lachten und die salzige Flut des Meeres. Das Mädchen war bezaubert und streckte beide Hände aus, die Pracht zu greifen. Doch als sie es tat, öffnete sich die Erde und der Herrscher Hades, dem wir alle begegnen werden, brach hervor mit seinen unsterblichen Pferden auf der Ebene von Nysa.“

Raub der Proserpina (Persephone) – Allessandro Allori (1535-1607)

Narzissen sind demnach also Blumen am Eingang zur Unterwelt, Boten des Todes. Doch Narzissen symbolisieren auch die Wiedergeburt, immerhin treiben sie leuchtende Blüten wie aus dem Nichts, scheint die Narzisse eine lange Zeit im Jahr wie tot und blüht zum Osterfest prächtig auf, verkündet es mit „Trompeten“.

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