Zweifellos hat ein verregneter Sommer auch gute Seiten. Ist allerorten zu beobachten. Durch die Nässe „blühen“ nämlich die Moose auf. Diese ursprünglichen Pflanzen haben keine Wurzeln, sondern nur Rhizoide, also einfach gebaute, haarartige Strukturen, mit denen sie sich nicht im Boden verankern, sondern nur aufliegen. Es gibt keine schützende Außenhaut, durch die Verdunstung herabgesetzt würde, auch keine Wasserleitgefäße, um das lebensnotwendige Nass in alle Teile zu transportieren. Die „Amphibien der Pflanzen“: Moose (Bryophyten) trocknen einfach aus, wenn es kein Wasser gibt, gehen in eine Art Dornröschenschlaf (fachsprachlich: Anabiose) – und erwachen gleichsam zu neuer Frische, sobald es wieder feucht wird. Dann aber! Grüne Polster, Kissen, Decken, Teppiche, Mäntel. Wundersame Welten aus winzigen Bäumchen, Sträuchlein, Blättchen.
Feucht und kühl, der Traum für Moose
Ein Sommer wie dieser, ein früh einsetzender Herbst mit Schmuddelwetter, ein milder und feuchter Winter – das mögen Moose, da laufen sie zu Hochform auf. Da zaubern sie vielfältigste Grüntöne auf den Waldboden, da verhüllen sie nach Manier von Christo Mauern, Stämme, Steine. Welch eine Wohltat für Auge und Seele. Da sorgen sie für angenehm angefeuchtete Luft zum Atmen, einen besonders intensiven Waldduft (mehr zum Duftcocktail der Moose HIER), für einen weich gefederten Tritt. Was für eine Wellness rundum.
Eine Welt entdecken
Eigentlich kennt man doch Moos. Echt? Schon mal bemerkt, wie viele verschiedene es gibt? Wie sie aus der Nähe oder gar unter der Lupe aussehen? Welche Farben- und Formenfülle sie bieten. Da kommt man ganz schön ins Staunen. Egal, ob es nun 10.000 oder weit über 20.000 Arten von Moosen gibt, die Vielfalt ist überraschend. Nicht nur im Wald, auch im Garten, im Rasen, sogar in der Stadt. Mit wohlklingenden oder skurrilen Namen: Kahlmützen-, Filzmützen- oder Haarmützenmoos, Palmen-, Rosen- oder Zypressenmoos, Glasnudel-, Gurken- oder Birnmoos, Schwanenhals-, Straußenfeder- oder Mäuseschwanzmoos, Runzelpeter…
Bewundert, beglückt
Was hält einen noch im Haus? Obwohl es auch hier schon Moose gibt, als Wandbilder oder „Tapeten“ (wirken luftreinigend, klimaausgleichend, schallschluckend), aber draußen ist es wesentlich spannender, nach Moosen Ausschau zu halten. Die einen gehen Bird Watching, die anderen eben Moss Viewing. Übrigens ein Trend, der nicht nur in Japan große Fahrt aufgenommen hat. Man geht mit geführten Touren durch den Wald, erkundet die Moose, betrachtet sie eingehend, fotografiert und zeichnet sie. In Zengärten steht Moos für das Alter, für Ehre, für Weisheit, ihr Grün hilft einem zu sich selbst zu kommen. Worauf warten wir noch? Auf zu den Moosen, schauen! Ist unterhaltsam und spannend, lenkt vom Alltag ab und baut Stress ab, fördert Bewegung und Atmung, beflügelt die Phantasie und sorgt für guten Schlaf. Macht einfach glücklich.