Lorbeerkirsche: giftig oder nicht?

Lorbeerkirschen (Prunus laurocerasus), auch Kirschlorbeer genannt, sind sehr verbreitete Ziersträucher in unseren Gärten und Parks, sie verwildern aber auch und kommen inzwischen in vielen Wäldern vor. Das Rosengewächs wird als giftig eingestuft – weil es, wie so viele Arten in dieser Familie, Blausäureglycoside (cyanogene Glycoside) enthält, vor allem in den Blättern und Samen. Blausäureglycoside sind, solange intakt, völlig ungefährlich.

Doch man darf nicht außer Acht lassen, dass Blausäure (Cyanwasserstoff), die sich beim Zerstören der Zellen aus den Glycosiden bildet, ein gefährliches Gift ist. Größere Mengen können Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe oder Herzrasen, sogar Herz- und Atemstillstand verursachen. Nachdem viele Pflanzen, die wir Menschen essen (z.B. Leinsamen, Maniok, Macadamianüsse, Holunder), Blausäureglycoside enthalten und häufig geringe Mengen Blausäure im Körper frei werden, hat sich unser Organismus daran angepasst. Wir verfügen über das Enzym Rhodanase, mit dessen Hilfe giftige Blausäure zusammen mit Thiosulfat schnell in das wesentlich weniger schädliche Thiocyanat umgebaut wird. das wird dann ausgeschieden.

Neben Nektardrüsen in den Blüten bildet die Lorbeerkirsche auch süßen Zuckersaft in Nektarien, die man als kleine Knubbel an den Blattstielen erkennen kann. Einige Wildbienen fliegen die Art regelmäßig an, während Honigbienen sie eher links liegen lassen.

Allerdings hat jeder von uns ein anderes Vermögen, wie viel Blausäure abgefangen werden kann, und es hängt wohl auch von der Quelle der Blausäure ab, wie schnell unser Körper diese zu entgiften vermag. Aber dank dieser Einrichtung vertragen wir es, einige Apfelkerne oder Bittermandeln zu essen, ohne gesundheitliche Folgen befürchten zu müssen – der eine ein paar mehr, der andere eher weniger. Werden Pflanzen oder Pflanzenteile mit Blausäureglycosiden verarbeitet (gemahlen, gekocht, gebacken), reduziert sich der Gehalt an Blausäure erheblich.

Lorbeerkirschen, türkisch Karayemiş, werden durchaus als Obst genutzt – neben der Wildart gibt es auch einige Kultursorten. Wären die Steinfrüchte so giftig, wie manchmal dargestellt, würde sie wohl niemand essen.

Um jede Panik vor der Lorbeerkirsche also herunterzufahren: Die Giftigkeit hält sich in engen Grenzen. Man müsste Blätter zudem sehr gut zerkauen, um größere Mengen Blausäure freizusetzen – aber das schränkt der bittere Geschmack sicher schnell ein. Werden die Blätter versehentlich mit echtem Lorbeer (Laurus nobilis) verwechselt, besteht auch kaum Gefahr, denn durchs Mitkochen verflüchtigt sich die Blausäure weitgehend. Und wie steht es mit den Früchten, den lackschwarz glänzenden „Kirschen“? Roh verzehrt bleiben sie wohl wenig riskant, weil die Blausäureglycoside in den Samen konzentriert sind, die man wieder zunächst gründlich zerbeißen müsste. Ganz heruntergeschluckt werden sie einfach auch ganz wieder ausgeschieden, ohne giftig zu wirken. Dass Lorbeerkirschenfrüchte ähnlich wie viele andere Steinobstarten (Kirsche, Pfirsich, Pflaume, Schlehe) zumindest als minder giftig eingestuft werden dürfen, ergibt sich aus der Verwendung der Früchte in der Türkei: gedörrt, eingelegt, als Fruchtaufstrich – und sogar zum Frischverzehr.

Wichtig zu wissen:

  • Kirschlorbeer als „tödliche Gefahr im Garten“, „hochgiftige ökologische Pest“ oder als „Bedrohung für Kinder“ darzustellen, ist übertrieben – die Giftigkeit wird eher gering eingeschätzt
  • Eine Gefahr besteht nur, wenn Blätter und/oder Früchte samt Samen schnell in größeren Mengen gegessen und dabei stark zerkaut werden.
  • Bedenklich ist eher die exzessive Verwendung von Lorbeerkirschen in Gärten und Anlagen, weil Blüten und Früchte nur von wenigen Wildbienen bzw. Vögeln als Nahrungsquellen genutzt werden, und weil sich durch eine Monokultur von Lorbeerkirschen Schädlinge und Krankheiten rasant ausbreiten und auf andere Gewächse übergreifen können (z.B. Schrotschusskrankheit).

Schreiben Sie einen Kommentar

Item added to cart.
0 items - 0,00