Beim abschließenden Modul des Lehrgangs „Alpines Waldbaden“ im Bildungshaus Kloster Neustift (Südtirol), wo ich regelmäßig unterrichte, durften wir bei der Präsentation Renate Runggatscher zuhören, die uns folgendes Gedicht geschenkt hat:
Lieber Wald
Es war gar nicht vor allzu langer Zeit,
ich spürte, ich war bereit
für etwas Neues, und doch so Vertrautes.
Es war in mir viel Angestautes,
weil niemand so ehrlich und aufrichtig
ist wie du, du hörst mir immer zu.
Ein Besuch bei dir vertreibt mir Kummer und Sorgen,
Und ich denke schon gar nicht an morgen!
Bei dir brauche ich keinen Termin zu machen
Für meine oft allzu dringlichen Sachen.
Deine Türen stehen mir und allen einfach offen,
und manchmal lässt du mich wieder mehr als hoffen!
Wenn ich mich fühle traurig und winzig klein,
oder auch mal ganz einsam und allein,
dann umarm ich dich und atme tief ein,
dann weiß ich, bei dir kann ich einfach nur sein!
Du wertest und urteilst nicht,
du zeigst immer nur dein wahres Gesicht.
Du lässt alles so stehen, wie ich es dir sage,
und du weißt, dass ich manchmal vieles frage!
Manchmal sind mir die Menschen so suspekt,
weil sie haben ja immer recht,
manchmal gibt es kein Miteinander mehr,
und das zu ertragen ist für mich schwer!
Fast jeder stellt sich an die erste Stelle,
weiter, höher, mehr und immer schneller.
Jeder kennt nur seine eigene Priorität
Und weiß oft nicht, wie es dem Nachbarn geht.
Es ist vieles so oberflächlich und gut gespielt,
weiß ich eigentlich noch, wer mich wirklich liebt?
Die Menschen wollen immer mehr und mehr
und es ist oft wirklich schwer,
sie aus ihrem Hamsterrad zu holen
und ihnen zu verklickern, was sie wirklich tun sollen.
Obwohl es doch sooo einfach wär,
fällt es den Menschen ungemein schwer.
zurückzukehren zur Natur und Einfachheit,
sie wären von vielen Lastern endlich befreit!
Einfach nur zu sein, und gar nichts tun zu müssen,
und den Waldboden spüren, mit ihren Füßen.
Die Verbundenheit zur Erde zu spüren,
würde viele dahin führen,
wo sie als Kinder ja waren,
denn da haben es schon die meisten erfahren.
Doch die Welt braucht niemanden, der einen Baum umarmt
Oder der sich barfuß im Moose labt?!
Für so was ist die Welt nicht gemacht,
das haben sich nur Spinner ausgedacht.
Und doch müssten es alle mal probieren,
dann würden viele davon profitieren.
Der Wald gehört zu meinem Leben,
ohne ihn würde es mich nicht mehr geben.
Der Wald ist viel mehr als ein Geschenk,
schon allein, wenn ich an daran denk‘,
wieviel ich doch bewirken kann
und wie bei mir alles begann!
So eine Ruhe und Stille lässt dich erquicken und einfach entzücken
Das satte und klare Grün, so wunderbar, es ist wirklich für alle da!
Nichts zu wollen und nichts zu müssen,
das legt dir die Natur zu Füßen.
Ich glaube, auch der Wald hat manchmal große Zweifel,
wir haben ihn nie großartig gefeiert,
er ist ja sowieso da, überall.
Und wenn irgendwo nicht, ist’s halt ein Ausnahmefall.
Aber wisst ihr eigentlich, was der Wald alles leistet?
Wüsstet ihr nur einen kleinen Teil,
ihr wärt schon begeistert.
Er trägt so viel Schätze in sich,
es gebührt ihm mehr als dieses Gedicht!
Sicher denkt er sich oft nur, wozu und für wen,
sie sehen mich ja eh nur als Problem.
Für wen bin ich denn doch von Nutzen,
wenn sie sowieso all meine schönen Bäume stutzen.
Und für diesen Schreck von Käfern, sind wir doch auch viel zu gut,
wenn’s nicht einmal der Mensch vermag und etwas tut!
Vielleicht ist sogar der Mensch dein größter Feind,
doch Wald und Mensch sind viel zu lang schon zu sehr vereint.
Wozu denn eigentlich kämpfen und sich wehren,
der Wald liegt doch schon lang im Sterben.
Doch aufgeben war und ist für den Wald keine Option,
für dies hat er eine zu mächtige Portion
an Anstand, Herz und Mitgefühl,
was eigentlich auch jeder Mensch haben will.
Wir könnten von der Natur so viel lernen,
würden wir uns nicht so sehr dagegen wehren,
würden wir doch mehr auf unsere Herzen hören
Und so viel weniger zerstören.
Uns mal Gedanken machen, wieviel Schutz der Wald uns bietet…