Der Mai ist gekommen, die Birken schlagen aus. Rautenförmige Blätter entfalten sich an weichen, biegsamen Zweigen. Kätzchen sitzen den Trieben. Die großen gelben Würstchen, die von den Zweigenden baumeln, sind die männlichen Blütenstände, sie geben jedem Windhauch eine Menge goldener Pollenkörner mit. Damit der sie zu den weiblichen Kätzchen gelangen, die weiter hinten an den Ästen aufrecht stehen. Dort wird Hochzeit gefeiert, nach der Befruchtung entstehen winzige geflügelte Früchtchen. Ist es nicht ein Wunder?
Birke, des Waldes Zier,
Will Hochzeit machen,
Brauch viele Sachen,
Was schenkst du mir?
„Ich schenke dir einen Grünen Strauß,
Den trägst du bei deinem Hochzeitsschmaus.“
Der grüne Strauß gefällt mir sehr
Birke, was schenkst du mir noch mehr?
„Ich schenke dir ein Rute,
Die kommt deinen Kindern zugute.“
Die schwanke Rute gefällt mir sehr;
Birke, was schenkst du mir noch mehr?
„Ich schenke dir einen Besen rauh,
Den führt mit Fleiß die junge Frau.“
Der rauh Besen gefällt mir sehr;
Birke, was schenkst du mir noch mehr?
„Ich schenke dir einen Peitschenstiel,
Den schwingst du über den Rossen viel.“
Der Peitschenstiel gefällt mir sehr;
Birke, was schenkst du mir noch mehr?
„Ich schenk dir auch den Wein dazu;
Laß träufeln mein Blut, so hast du Ruh.“
Der Birkensaft gefällt mir sehr;
Birke, was schenkst du mir noch mehr?
„Ich hab nun alles gegeben dir,
Es bleibt nur noch das nackte Leben mir.“
Birke, so lebst du dir selbst zur Pein;
Will Hochzeit machen,
Brauch viele Sachen,
Komm mit und heize mein Kämmerlein!
Gustav Pfarrius (1800 – 1884)