Wiesen-Bocksbart

Löwenzahn, der gewöhnliche namens Taraxacum, den kennt und erkennt nun wirklich schon jedes Kind. Von dem soll hier auch gar nicht (mehr) die Rede sein, seine Hoch-Zeit ist bereits vorbei. Inzwischen leuchten aus den Wiesen ganz andere Verwandte heraus. Leider nicht mehr so häufig, denn die Wiesen sind dem Intensiv-Grünland gewichen und erscheinen überwiegend monoton grün von Hochleistungsgräsern.

Umso mehr freue ich mich, wenn mir aus einem Gräsermeer morgens goldene Blumen entgegen leuchten, wenn der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis) blüht.

Aber früh musst du kommen, damit du ihn erkennst, trotz der annähernd handtellergroßen Blütenkörbe. Denn um die Mittagszeit schließen sich die Blumen bereits wieder (deshalb auch Morgensterne oder John-go-to-bed-at-noon genannt) – nachmittags erscheint die Bocksbartwiese eintönig. Dann spitzen nur noch welke Zungenblüten wie ein Ziegenbart zwischen den Hüllblättern heraus, daher der Name Bocksbart. Bald darauf das nächste Wunder, denn aus den Blüten entstehen Früchte, es bildet sich eine wundervolle, fast faustgroße „Pusteblume“ in hellem Braun mit spinnwebzartem Pappus, der fedrigen Flughilfe für die lang geschnäbelten Früchtchen.

Melcher, Milchgras, Milligukezer – diese alten Bezeichnungen weisen auf den Milchsaft hin, der reichlich aus den Stielen fließt, wenn man sie pflückt. Süßling, Süßstängel, Zuckerrohr – das lässt den Feinschmecker aufhorchen, Bocksbart schmeckt tatsächlich süß, und zwar vorzugsweise seine Stiele, denn im Milchsaft sind reichlich Zuckeralkohole enthalten. Deshalb kann ich nie anders, als direkt auf der Weise einen Stiel Bocksbart zu knabbern, schon aus der Kindheitserinnerung heraus.

Feinste Kost für die Küche liefern die knospigen Blütenstände, die jeweils von acht spitz zulaufenden Hüllblättern umfasst werden. Sie schmecken sehr mild, werden beim Kauen leicht mehlig – ich brate sie am liebsten kurz in etwas Öl und genieße sie als delikate Knospenkost. Die oft mehr als handspannenlangen, grasartigen, graugrünen und längs von einem hellen Streifen durchzogenen Blätter lassen sich roh wie gekocht verwerten, sind aber nicht sehr ergiebig. Interessant wären auch die bis daumendicken Wurzeln, die wie alle Korbblütler Inulin enthalten. Gegessen werden ebenso die jungen Triebe im Frühjahr, die kann man wie Spargel zubereiten.

Wie beim Löwenzahn lassen sich die Fruchtstände zu haltbaren Federkugeln in die Vase bringen, wie uns hier Simone Braun zeigt: Bereits abgeblühte, aber noch geschlossene Blütenstiele in eine Vase stellen – warten – an den filigranen Kugeln freuen!

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