Voll im Fieber!

Eines der häufigsten Symptome für eine Corona-Infektion ist Fieber, neben trockenem Husten und Abgeschlagenheit. Ich hoffe, niemand der LeserInnen dieses Artikels hat Fieber oder gar COVID-19! Ich selbst fiebere gerade (keine Sorge, ich bin gesund) mit Pflanzen – denn auch die können Fieber bekommen. Corona-Fieber?

Hitzige Angelegenheit

„Eine Pflanze im Blühfieber“ stand als Überschrift über einem Artikel der Süddeutschen Zeitung letzten Samstag. Der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum) zeigt in seinen faszinierenden Blütenhüllen einen enormen Temperaturanstieg, bevor sich die Blüten letztendlich öffnen: unabhängig von der Außentemperatur lassen sich über 30 °C messen. Dank der Zentralheizung im Inneren stinkt der Aronstab dann klar nach Pissoir, was kleine Abortfliegen (die heißen wirklich so) ganz toll finden. Fieber beim Aronstab hat also nichts mit Corona oder COVID-19 zu tun.

Die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus) heizt die Blüten, um Hummeln zur Bestäubung anzulocken. Hefezellen zersetzen einen Teil des Nektars und setzen dabei Wärme frei. Hummeln finden eine beheizte Nahrungsquelle, an der sie sich aufwärmen können, die Nieswurz erhöht die Chancen zur Bestäubung – vor allem an kalten Tagen.

Fiebernde Blätter

Fieber entsteht bei uns Menschen wie auch bei Tieren durch körperfremde Proteine von Viren und anderen Keimen sowie durch spezielle körpereigene Eiweiße, die das Temperaturzentrum im Zwischenhirn veranlassen, die Körpertemperatur zu erhöhen. Eine erhöhte Temperatur (über 38 °C) ist ein Warnzeichen, gleichzeitig auch eine natürliche Abwehrreaktion des Körpers. Und Pflanzen?
Vor Jahren habe ich noch herzlich gelacht, als jemand mit dem Ruf „Hilfe, meine Geranien haben Fieber!“ bei mir Rat suchte. Durch nächtliche Kälte rot verfärbte Blätter wurden als „Fieberbäckchen“ interpretiert. Aber im Ernst, Pflanzen können tatsächlich Fieber bekommen – und zwar aus demselben Grund wie wir!

Salicin, Salicylsäure, Salicylate sind benannt nach der Weide, botanisch Salix, in deren Zweigen der Stoff zuerst entdeckt wurde.

Salicinsäure treibt die Fieberkurve hoch

Werden Pflanzen von Viren oder Bakterien attakiert, wehren sie sich ähnlich wie wir: sie erhöhen ihre Temperatur und machen so den Keimen das Überleben schwer bis unmöglich. Fieber gehört bei Pflanzen zu den Abwehrwaffen des Immunsystems wie bei uns Menschen. Pflanzen fahren die Produktion von Salicylate (Abkömmlinge der Salicinsäure in den infizierten Blättern hoch. Salicylate bewirken, dass sich die Blattporen (Stomata, Spaltöffnungen) an den Blattunterseiten schließen. Dadurch entweicht kein Wasser mehr an die Umgebung, der kühlende Effekt bleibt aus, die Blätter überhitzen im Bereich des Virus- oder Bakterienangriffs. Das kann zum programmierten Zelltod führen, das infizierte Gewebe stirbt ab.

Fieberfrei genießen

Salicylate, Salicinsäure lassen Pflanzen fiebern, während Aspirin wie andere Salicin-Präparate beim Menschen das Fieber senken. Die Trickkiste von Mutter Natur ist unerschöpflich. Aber können Pflanzen von Corona-Viren befallen werden? Soweit man weiß, nein – es besteht also keine Gefahr, dass man sich über Salat, Radieschen oder Erdbeeren infiziert, nicht einmal, wenn diese Pflanzen Fieber haben.

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