Rosen haben Stacheln, keine Dornen. Gibt es weitere Pflanzen mit Stacheln? O ja, und bei vielen werden umgangssprachlich, analog wie bei den Rosen, aus Stacheln schon mal Dornen.

Ich will keinesfalls die wohlklingenden Bezeichnungen von Märchen oder Rosensorten aus der Welt schaffen. Nein, nur Verständnis schaffen. Ist sie nicht schön, die Rose ‚Dornröschen‘?

Blüht sie nicht märchenhaft, die Rose ‚Dornröschenschloss Sababurg‘? Die übrigens auch direkt am Dornröschenschloss, der Sababurg im Reinhardswald (Landkreis Kassel) zu bewundern ist.
Stacheln, also spitze Auswüchse der oberen Gewebeschichten, dienen den Rosen zur Abwehr, aber ebenso zum Festhalten und Verspreizen ihrer Triebe zwischen anderen Pflanzen oder an Klettergerüsten.

Solche Gebilde gibt es auch bei weiteren Rosengewächsen, allen voran den Brombeeren (Rubus fruticosus) entlang der Ranken wie auf Blattunterseiten. Niemand kann durchs Brombeergebüsch gehen, ohne an den Stacheln hängen zu bleiben – autsch! Bei Himbeeren (Rubus idaeus) sind die Stacheln zu weniger abschreckenden Borsten geworden.

Stacheln wurden im Lauf der Geschichte mehrfach von Pflanzen „erfunden“. Die Wissenschaftler meinen sogar, den Ursprung dafür gefunden zu haben: ein Gen namens PRICKLESSNESS (kurz: PL) in einer uralten Genregion des Typs LONELY GUY (LOG). Dieses PL-Gen scheint es in Normalform in vielerlei Gewächsen zu geben. Je nachdem, ob das Gen ein- oder ausgeschaltet ist, kommt es zur Entwicklung von Stacheln oder nicht. Bei Nachtschattengewächsen, die wie Litschi-Tomaten (Solanum sisymbriifolium, Bild oben) Stacheln ausbilden, lässt sich über eine Mutation von PL die Stachelbildung inaktivieren. Vielleicht lassen sich dank dieser Erkenntnis Rosen irgendwann stachellos züchten?

Dornen- nein, STACHELlose Brombeeren sind durch spontane Mutationen und beharrliche Züchtung entstanden. Auch hier hat das Gen für Stachellosigkeit entscheidend mitgewirkt.

Und wo gibt’s noch Stacheln? Bei Rosskastanien (Aesculus hippocastanum) an den Fruchtschalen oder beim Mammutblatt (Gunnera) an den Blattstielen.

Ebenso schmückt das Stachelnüssen (Acaena) seine Früchte mit Stacheln – und ist sogar korrekt benannt, nämlich als STACHELnüsschen (und nicht als Dornennüsschen).

Und dann gibt es doch noch ein Beerenobst namens Stachelbeere (Ribes uva-crispa). Hier liegt der Fehler wieder in der botanischen Spitzfindigkeit, denn die Stachelbeere ist zwar wegen ihrer Biestigkeit laut Volksmund eine Stichelbeere, Stupfelbeere, Stachelwampe, Stichweinbeerl oder Stacheltraubel, aber auch ein Dornribisl – was der Botanik entgegen kommt. Denn Stachelbeeren tragen DORNEN und müssten eigentlich DORNbeeren genannt werden.
Ach geh weiter… morgen kommen die Dornen an die Reihe.