Dornröschen

Juni – der Rosenmonat. Und was fällt mir spontan bei Rosen ein? Das Märchen Dornröschen.

Als Botanikerin hinterfrage ich diesen Namen der Prinzessin, die einhundert Jahre hinter einen Rosenhecke geschlafen hat, bevor der Prinz sich zu ihr hindurchschlug und sie mit einem Kuss weckte. Dorn-Röschen? Es heißt zwar im Volksmund „Keine Rose ohne Dornen!“, doch botanisch ist das nicht korrekt.

Denn Rosen tragen Stacheln! Müssen wir das Märchen umbenennen in Stachelröschen? Dornen sind zu spitz-stechenden Gebilden umgewandelte Sprossachsen (z.B. Seitenzweige) oder Blätter (Laubblätter, Nebenblätter). Stacheln dagegen entstehen durch Auswüchse der oberen Gewebeschichten. Stacheln lassen sich im Gegensatz zu Dornen meistens leicht abbrechen und hinterlassen eine flächige Narbe.

Rosen sind demgemäß keine Dornengewächse, sondern Stachelpflanzen. Unter ihnen gibt es Arten mit besonders wehrhaften Spießen, etwa die Stacheldraht-Rose (Rosa sericea ssp. omeiensis f. pteracantha), die vorzugsweise wegen ihrer auffälligen Stacheln und weniger wegen ihrer weißen Blüten oder orangeroten Hagebutten gepflanzt wird.

Aber es gibt Pflanzen, die echte Dornen ausbilden und sich mit rosenartigen Blüten schmücken, allen voran die verschiedenen Arten vom Weißdorn (Crataegus).

Sein Name ist wegen der spießartigen Seitentriebe wirklich Programm, als Rosengewächs zeigt er zudem den typischen Blütenbau von Rosen. Als schutzmagischer Strauch und seit alters her in Form von großen Hecken zur Abwehr gezogen passt er auch perfekt in den Kontext des Märchens (siehe auch den Beitrag Weißdorn im Pflanzenlust-Blog).

Also bleiben wir beim Dornröschen, was ja auch viel charmanter klingt als Stachelröschen. Vielleicht war ja nicht allein der weißblühende Weißdorn, sondern auch der Rotdorn (Crataegus laevigata ‚Paul’s Scarlet‘) im Spiel?

Morgen geht es weiter mit Stacheln und Dornen…

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