Pflanzliche Antibiotika

Antibiotika gehören zu den bedeutsamsten Medikamenten der modernen Medizin. Sie hemmen das Wachstum von Bakterien und anderen Mikroorganismen, töten sie sogar ab. Vielen Infektionskrankheiten wurde dank der „Wunderwaffen“ ihr Schrecken genommen. Doch so zuverlässig und schnell sie helfen, so schwer und nachhaltig können die Nebenwirkungen der auf chemischem Weg gewonnenen Antibiotika sein. Doch auch Pflanzen enthalten Stoffe, die gegen Mikroorganismen wirken. Und das ganzheitlich, ohne das Risiko einer Resistenzbildung. Und weil Vorbeugung ohnehin besser ist, kann man sich mit solchen Pflanzen doch schon mal umgeben und sie in den Alltag integrieren.

Die Vorzüge natürlicher Antibiotika

Nicht zu leugnen: Chemisch hergestellte Antibiotika haben ihre Berechtigung bei schweren Krankheiten. Allerdings ist ihr Einsatz gründlich abzuwägen. Mit ihnen werden sämtliche Bakterien im Körper bekämpft, darunter auch die guten und so wichtigen der Darmflora, die einen gewichtigen Anteil an unserer körpereigenen Abwehr haben. Chemische Antibiotika können Allerdien auslösen, Magen-Darm-Probleme verursachen und – am schlimmsten – durch übermäßige und unsachgemäße Anwendung bei den Keimen eine Resistenz hervorrufen. Was eigentlich mit einem Stoff bekämpft werden sollte, wird nun dagegen unempfindlich. Bis eine Multiresistenz entsteht, wo kein Antibiotikum mehr greift.

Auch Pflanzen müssen sich gegen Mikroorganismen wehren, auch sie werden von Bakterien und Pilzen angegriffen. Dagegen haben sie, die absoluten Meister der chemischen Verteidigung, eine Fülle von Inhaltsstoffen erfunden, allen voran ätherische Öle und Senföle. Die Abwehr beruht oft auf einer Kombination verschiedener Inhaltsstoffe. Und genau das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber konventionellen Antibiotika. Die Krankheitserreger werden gegen die Vielstoffgemische nicht resistent.

Davon profitiert auch der Mensch, indem er diese Pflanzen zur Heilung einsetzt. Diese Stoffe weisen Mikroben nicht nur in die Schranken, sondern kurbeln gleichzeitig das Immunsystem, also die körpereigenen Abwehrkräfte an. Und, ganz entscheidend, zeigen nur schwache Nebenwirkungen und rufen keine Resistenzen hervor. Außerdem greifen die die antibiotisch wirksamen Pflanzen die guten Darmbakterien nicht an, kurbeln sogar das Immunsystem, also die körpereigenen Abwehrkräfte an.

Wann pflanzliche Antibiotika Sinn machen

Bei leichten Infektionen, etwa im Hals-Rachen-Raum oder in der Blase, bei Hautentzündungen können pflanzliche Antibiotika gute Dienste leisten. Dasselbe gilt für Erkältungskrankheiten, ohnehin in der Hauptsache durch Viren verursacht, gegen die chemische Antibiotika stets machtlos bleiben. Die antibiotisch wirksamen Heilpflanzen unterstützen die Wundheilung, stärken das Gewebe, wirken entgiftend, liefern dem Körper nebenbei auch noch Vitamine, Mineralien und weitere Vitalstoffe. Nicht selten schmecken sie auch noch gut. Meerrettich, Kapuzinerkresse und Spitzwegerich sind berühmte Beispiele für antibiotisch wirksame Heilpflanzen.

Meerrettich, das Antibiotikum des armen Mannes

Bisweilen nennt man die scharfe Wurzel, den Kren auch „fränkisches Penicillin“. Das traditionsreichste Krenanbaugebiet der Welt, gleichzeitig das größte in Deutschland, liegt nämlich zwischen Bamberg, Nürnberg und dem Steigerwald. Seine beißenden Dämpfe, die beim Reiben einer frischen Wurzel die Tränen fließen lassen, und seine kräftige Schärfe, die über den Gaumen schier bis ins Hirn steigt, machen den Meerrettich zu einer altbekannten und bewährten Heilpflanze. Es sind vor allem die Senföle, die den Mikroben keine Chance lassen.
Nicht umsonst hat der Kren den Ruf eines „Rachenputzers“. Bei grippalen Infekten, Schnupfen, Stirnhöhlenentzündungen, Husten wie auch leichten Blasenbeschwerden hilft er einfach schon, wenn man ihn isst. Dazu die Wurzel stets frisch reiben, denn die wirksamen Bestandteile verfliegen rasch. Wem’s zu scharf ist, mischt einfach etwas Honig dazu.
Meerrettich lässt sich gut im Garten oder in einem geräumigen Kübel anbauen.

Kapuzinerkresse, mehr als nur leuchtende Blüten

Wie Meerrettich, Senf, Rettich und Kresse verdankt auch die Kapuzinerkresse ihren scharfen Geschmack den Senfölen. Gerade auf eine Kombination von Meerrettich und Kapuzinerkresse setzen Forscher große Hoffnung, als Ersatz für richtige Antibiotika. Beide Pflanzen wirken gegen ein breites Spektrum von Bakterien, Pilzen und Viren, besonders Harnwegsinfektionen lassen sich sehr gut damit behandeln. Eine große Menge der Inhaltsstoffe gelangt über das Verdauungssystem bis in die Blase, wird dort hochwirksam.
Mit in Essig eingelegten Blüten und Blättern kann man im Frühjahr und Herbst eine immunstärkende Kur damit durchführen. Das reinigt den Darm, fördert die Durchblutung, beugt Blasenentzündungen vor und schützt vor Erkältungen. Bei Halsweh wird der Kapuzinerkresse-Essig zum Gurgeln verwendet.
Von der Kapuzinerkresse besorgt man sich Samen und streut sie in Beeten, Rabatten, Töpfen, Balkonkästen oder Ampeln aus.

Spitzwegerich, verdirbt nicht

Noch ein alter Spruch: „Iss Wegerich, spitz oder breit, so kriegst du keinen Husten, wenn es schneit.“ Spitzwegerich gilt als eines der verlässlichsten Pflanzenheilmittel gegen Husten. Das liegt einerseits an den reizlindernden und auswurffördernd wirkenden Schleimstoffen wie an den entzündungshemmenden Gerbstoffen. Andererseits unterstützen stark antibiotisch und immunstimulierend wirkende Stoffe den Heilungsprozess. Seine volle Kraft entfaltet der Spitzwegerich nur, wenn er nicht erhitzt wird. Der aus alter Zeit überlieferte Erdkammersirup ist deshalb unbedingt vorzuziehen, alternativ ein Frischpflanzenpresssaft.
Spitzwegerich ist am wertvollsten, wenn er im Frühjahr frisch sprießt. Lässt sich in den Kräuterrasen integrieren, mitunter bekommt man sogar Pflanzware.

Knoblauch, nicht nur gegen Vampire

Das Verhältnis zum Knoblauch war schon in der Vergangenheit ein gespaltenes, auch wenn aus ganz anderen Gründen als heutzutage, wo eher der typische Knoblauchgeschmack die Menschen in zwei Lager teilt. Das ändert nichts an den mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesenen Heilwirkungen der aromatischen Knolle. Der erste wissenschaftliche Nachweis seiner starken antibakteriellen Wirkung stammt aus dem Jahr 1858, nämlich von Louis Pasteur höchstpersönlich – dem weltberühmten Mikrobiologen, der sich insbesondere im Bereich der Impfforschung einen Namen machte. Knoblauch wird traditionell bei Darmproblemen (Blähungen, Gärungsprozesse und krampfartige Schmerzzustände) sowie auch bei Erkältungskrankheiten bzw. Grippe verwendet. Insbesondere Allicin und die aus ihm entstehenden Schwefelverbindungen weisen keimtötende Eigenschaften auf. Knoblauch wirkt bei Harnweginfekten in manchen Fällen besser als Antibiotika, z.B. dann, wenn Bakterien bereits antibiotikaresistent sind.
Und wer keinen Knoblauch mag, kann auf Zwiebeln ausweichen: Die moderne biochemische Forschung hat die herausragenden Heilwirkungen der Zwiebel bestätigt: Sie ist ein natürliches Antibiotikum. Der rohe Zwiebelsaft wirkt heilend bei Wunden und Furunkeln, Abszessen, Brandwunden, Hautrissen und Akne. In all diesen Fällen verwendet man die Zwiebel äußerlich, entweder zerdrückt als Umschlag oder den reinen Saft als Waschflüssigkeit oder Kompresse. Durch ihre antibiotischen und zugleich schleimlösenden Eigenschaften ist die Zwiebel ein ideales Heilmittel bei Katarrh, Nasennebenhöhlenentzündung, Rachenentzündung, Bronchitis und Husten. Dafür wird ein Sirup mit Honig zubereitet.
Knoblauch zieht man aus Zehen, die steckt man im Frühjahr oder im Herbst.

Thymian, die sanfte Würze

„Der nächste Schnupfen kommt bestimmt, doch nicht zu dem, der Thymian nimmt!“ heißt eine alte Weisheit. Wer regelmäßig mit Thymian würzt, beugt am besten vor. Dank seiner ätherischen Öle stärkt er Lunge und Magen gleichermaßen. Und kratzt dann doch einmal der Hals, reizt der Husten, dann hilft eine gute Tasse Thymiantee oder bringt ein Thymianbad Erleichterung.
Thymian kauft man sich im Töpfchen und pflanzt ihn an sonnige, warme Stellen auf kargem Boden – gerne auch auf dem Balkon.

Lavendel, besänftigend und reinigend

Seinen Namen Lavendel, botanisch Lavandula, trägt der kleine Strauch nach dem lateinischen lavare = waschen. Im antiken Rom verwendete man Lavendel zum Reinigen und zur Wäsche, vertrieb damit nicht nur schlechte Gerüche, sondern hielt obendrein damit die Hygiene hoch. Bis heute vertraut man auf die erstaunliche Wirksamkeit der lila Blüten zur Desinfektion. In aufgeschlossenen Kliniken hält man große Stücke auf die ätherischen Öle des Lavendels, auch von Thymian, Zimt und Piment, bei der Bekämpfung von multiresistenten Keimen. Aber Lavendel spielt nicht nur zur Desinfektion eine Rolle, sondern gilt auch als gutes pflanzliches Antibiotikum, vor allem bei Hauterkrankungen.
Lavendel passt viel besser ins Kräuterbeet als zu Rosen, kann aber auch auf Terrasse oder Balkon im Kübel stehen.

Oregano-Öl gegen resistente Bakterien

Oregano-Öl ist die konzentrierte Heilkraft des Oregano und wirkt nicht nur sehr viel stärker als das getrocknete Kraut, sondern auch besser als das frische Kraut. Das ätherische Oregano-Öl ist ein außergewöhnlich kraftvolles natürliches Antibiotikum. In einer aktuellen Studie fand man heraus, dass Oregano signifikant besser als alle der 18 momentan angewendeten Antibiotika zur Behandlung von Infektionen mit MRSA-Staphylokokken eingesetzt werden kann.
MRSA-Staphylokokken sind multiresistente Bakterien, die gegen die herkömmlichen Antibiotika bereits Resistenzen entwickelt haben und daher jedes Jahr für viele Tausend Todesfälle sorgen. Die im Oregano enthaltenen Polyphenole (Antioxidantien) zerstören dagegen auch solche Bakterien, die gegen herkömmliche Antibiotika resistent sind.
Oregano-Öl kann daher sehr gut bei bakteriellen Infektionen der Ohren und der Atemwege zur Anwendung kommen. Oregano tötet jedoch nicht nur pathogene Keime. Er soll auch die Bildung von Entzündungsbotenstoffen hemmen, was darauf hinweist, dass er auf verschiedenen Ebenen Krankheiten bekämpft.
Oregano wächst gut im Garten, aber ätherisches Öl daraus zu gewinnen ist aufwändig – besser im Fachhandel kaufen.

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