Margeriten

Wenn die Wiesen-Margeriten (Leucanthemum vulgare) blühen, beginnt der Frühsommer – naja, dieses Jahr lässt der Sommer ziemlich auf sich warten. Aber einige Margeriten wagen es, den kühlen Regentagen zum Trotz öffnen sie sich. Wie schön, dann kann ich sie mal befragen.

Margeriten sind so etwas wie „großen Schwestern“ der Gänseblümchen (Bellis perennis). Beide gelten seit jeher als Orakelpflanzen oder Rupfblumen. Man zupft Blättchen für Blättchen der Blüten aus und sagt dabei einen Abzählvers auf, um von der Blumenwelt dann eine Deutung der Sachlage zu erhalten.

Halt mal, Blättchen für Blättchen? Nein Margeriten gehören wie Gänseblümchen zu den Korbblütlern, was man da auszupft sind die weißen Strahlen- oder Zungenblüten rund um die gelben Röhrenblüten des Körbchenblütenstands. So viel Botanik muss sein…

Wer sagt auf: „er/sie liebt mich – er/sie liebt mich nicht“? Da stehen die Chancen fifty-fifty fürs Geliebtwerden oder Verschmähen. Viel besser ist ein anderer Vers: „er/sie liebt mich, ein bisschen, sehr, leidenschaftlich, ganz rasend, überhaupt nicht!“ oder „er/sie liebt mich, von Herzen, mit Schmerzen, klein wenig, gar nicht!“. Mit dieser Fünfersequenz des Fragens hat man beste Aussichten, geliebt zu werden.

Und das liegt an mathematischen Eigenheiten. „Gar nicht“ geliebt zu werden hat eine Wahrscheinlichkeit von 20 %, dieses Ergebnis kommt nur heraus, wenn eine Margerite 5, 10, 15, 20 oder eben ein Vielfaches von 5 weißen Strahlen hat. Nachdem sich die Blütenkörbchen aber wie so vieles andere in der Natur nach der Fibonacci-Reihe richten, gibt es nur 1 – 2 – 3 – 5 – 8 – 13 – 21 – 34 – 55 usw. (es werden jeweils die beiden vorhergehenden Zahlen addiert). Nur bei 5 oder 55 käme „gar nicht“ zustande – aber solche Margeriten gibt es gar nicht – zum Glück aller Verliebten dieser Welt!

La Simplicité, von Jean-Baptiste Greuze (1759)

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