Kletteleien – eine Geschichte in vier Teilen, heute Teil 1:
Am Gebüsch, nahe dem Feldrand, stand eine Pflanzenmutter, die hatte viele Kinder. Man kann sich gut vorstellen, welche Aufgabe das bedeutete. Unentwegt nähren, für prächtiges Gedeihen der Sprösslinge sorgen, ihnen eine weiche und warme, vor den Unbilden des Wetters geschützte Kinderstube bereithalten, eine gute Erziehung zuteil kommen lassen. Und alle Neugier befriedigen, alle Fragen beantworten, allen Unfug der Rasselbande geduldig ertragen. Da musste man schon sehr zähe Stängel haben.
Die stämmige Pflanzenmutter hatte sich riesige Blätter zugelegt, die an Elefantenohren erinnerten. Sie fühlten sich auch so an, ab und zu bewegte sie der Wind – dann schien es, als ob die Pflanzenmutter mit ihren Blattohren wedelte. Als hörte sie Unruhe, Ungehöriges. Als würde ihre Kinderschar über die Stränge schlagen.
Der Nachwuchs kuschelte sich brav in den erbsenzwergigen Wiegen zusammen, wurde zunehmend lebhaft. „Wann dürfen wir raus, hinaus in die Welt?“, fragten sie die Pflanzenmutter. „Dafür seid ihr noch viel zu klein, bleibt nur noch ein bisschen daheim!“ besänftigte die Pflanzenmutter ihre quirlige Sippe. „Aber es ist sooooo langweilig hier!“ riefen die Knirpse. Also wackelte die Pflanzenmutter mal wieder mit ihren Elefantenohren, sog reichlich Wasser aus dem Boden, kochte mit Hilfe der Sonnenstrahlen gehaltvolle Babykost und fütterte ihre Rangen. Das half, die lieben Kleinen kletteten sich an der Mutter fest.