Felsenbirnen

Das große Sprießen und das üppige Blühen in der Natur ist allmählich vorbei, das Jahr wendet sich im Juni mehr und mehr dem Fruchten und Reifen zu. Bäume und Sträucher haben noch einmal einen Wachstumsschub, den Junitrieb ausgeführt. Linden blühen als letzte unserer heimischen Bäume. Die Zeichen stehen auf Hochsommer, die Tage werden bald wieder kürzer. Lostag für dieses Umschwenken ist u.a. der 15. Juni, der Gedenktag des Heiligen Vitus. Dazu weiß das Volk einen Spruch:
„Nach St. Veit, da ändert sich die Zeit;
dann fängt das Laub zu stehen an,
dann haben die Vögel das Legen getan.“

Die Früchte sind oft bereift, von einer dünnen Wachsschicht überzogen – ähnlich wie Pflaumen oder Zwetschgen

Und jetzt bloß nicht wehmütig werden, denn es warten so viele wunderbare Geschenke der Natur auf uns. Nach Erdbeeren kommen Johannisbeeren, Kirschen und Himbeeren, zugleich spenden noch andere Gehölze begehrenswerte Früchte. In meinem Garten etwa die Felsenbirne. Nennt sich auch Heubirne, weil zur Zeit der Heuernte reif. Englisch heißt sie Juneberry, der Name ist absolut Programm. Reife im Juni – klein, aber sehr fein – blau fast wie Heidelbeeren – schmackhaft wie Mini-Pralinen. Wenn ich mich beeile, bekomme ich welche ab. Denn die etwa erbsengroßen Apfelfrüchtchen sind äußerst begehrt in der Vogelwelt. Viele Vögel stellen ja ihr Futter jetzt auch mehr und mehr um, von proteinhaltiger Insektenkost auf zuckerreiches Obst – die Aufzucht der Jungen ist erledigt, jetzt widmen sich die erschöpften Eltern den leiblichen Genüssen, so scheint es.

Felsenbirnen sind reich an Mineralstoffen und Vitaminen, enthalten zudem viele Anthocyane als Radikalfänger – und bis zu 18 % Zucker.

Also her mit Felsenbirnen. Die Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis), auch Alpenmispel oder Edelweißstrauch (nach der schönen Blüte im Frühjahr) genannt, ist an sonnigen, warmen, kargen Hängen, Waldrändern und Gebüschen bei uns heimisch. Ihre Früchte schmecken gut, aber noch besser sind die der Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) aus Nordamerika. Wer noch bessere Qualität und üppigere Ernte möchte, holt sich Sorten von der Kahlen (A. laevis) oder Erlenblättrigen Felsenbirne (A. alnifolia). Für Gärten eignen sich auch Aroma-Felsenbirnen, das sind durch Auslese und Züchtung entstandene Sorten.

Felsenbirnen werden schon sehr lange von den indigenen Völkern Nordamerikas genutzt

Also fleißig pflücken, wenn sich die Farbe der Früchte von Rot nach dunkel Purpurn oder Schwarzblau ändert. Dann haben sie einen Geschmack, der je nach Sorte an eine Mischung aus Blaubeere, Pfirsich, Feige, Rosine, Mandel und Marzipan erinnert. Kleine Mengen darf man roh genießen. Die vor allem in unreifen Früchten und den kleinen Samen enthaltenen cyanogenen Glycoside können in größeren Mengen Unwohlsein und Magen-Darm-Beschwerden verursachen, weil sie Blausäure abspalten. Die Giftigkeit kann mit der von Apfelkernen verglichen werden, ein paar schaden nicht. Die meisten der Kernchen schluckt man ohnehin unzerkaut herunter und scheidet sie wieder aus. Durch Trocknen, Kochen oder andere Verarbeitung wird die Blausäure ausgetrieben.

Frisch gepflückt schmecken mir die Felsenbirnen (die übrigens mit Birnen eher wenig gemeinsam haben, viel mehr in die enge Verwandtschaft der Ebereschen und Apfelbeeren gehören, wobei diese auch wieder nicht direkt etwas mit Eschen oder Äpfeln zu tun haben) frisch vom Baum. Ergibt sich ein Überschuss, friere ich die Früchte ein. Oder koche sie zu Kompott bzw. Marmelade. Trocknen ist eine weitere Möglichkeit zur Lagerung, dann hat man Trockenfrüchte ähnlich wie Korinthen zum Knabbern, zum Backen, fürs Müsli.

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