Unter Rosen, Teil 3

Ein Blütenhaupt, mit filigranem Diadem besetzt und ehrerbietig zu Boden geneigt, dazu Wurzeln, die nach kostbaren Gewürzen duften, das sei doch für die Familienehre das Mindeste, machte sich die Bach-Nelkenwurz bemerkbar. Ein langes Zepter mit purpurner Blütenkugel obenauf, wenn das nicht ebenso geziemend sei, meinte der Große Wiesenknopf. Aber aus nur vierzähligen Blüten, lästerten Fingerkräuter und Nelkenwurz, da fehlt doch das von und zu. Fünfe müssten es schon sein, rosenmäßig. Wieso, fragte die Blutwurz, auch vier Blütenblätter können edel sein, wenn sie nur schön leuchten und ein Wurzelstock, der rubinrot anläuft, das königliche Blumenblut verrät. Silberne Blätter? Goldene Blüten? Purpurne Blütenkugel? Vornehmes Blut in den Wurzeln? Unser Kräutlein wollte schon fast rot anlaufen vor Scham. Immer mehr Tränen quetschten sich aus den Blattspitzen und liefen ins Blattschüsselchen.

Schwatzt ihr nur, schüttelte das Mädesüß hochmütig seinen üppigen Blütenschopf. Immerhin nenne es sich Wiesenkönigin, verströme luxuriösen Duft nach Mandeln und Honig, sei also der Herrscherin der Blumen ebenbürtig.  Aber was bitteschön, zeichne denn das armselig grüne Kräutlein aus, dass es sich zum erlauchten Kreis der Rosen zählen dürfe? Es trüge keine durchlauchten Blüten wie die Traubenkirsche und hätte auch keine schmackhaften Früchte wie die Brombeere am Gebüsch. Stachel und Dorn noch eins, nicht einmal wehrhaft zeige es sich, dass es wenigstens ritterliche Ehrengarde für den Adel abgeben könnte. Eine Schande für die Familie!

Übermorgen geht es weiter mit der Geschichte!

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