Magisches in der Walpurgisnacht

Ab und zu wünscht man sich einen Schlüssel, der alles zu öffnen vermag. Zum Beispiel, wenn man gerade mal wieder einen Schlüssel verlegt hat. Oder gar zu gerne wüsste, was sich hinter der Tür verbirgt. Oder ob man im Herzen eines anderen Platz gefunden hat… Solch einen zauberkräftigen Schlüssel gibt es nach altem Volksglauben: Die Springwurzel! Damit sie wirkt muss, sie zu ganz bestimmten Zeiten geholt werden – in der Walpurgisnacht (oder zu Johanni) gelingt’s.

Der charakteristisch geformte Erdspross der Vielblütigen Weißwurz (Polygonatum multiflorum), bei der unter jedem Blatt mehrere Blütenglöckchen beieinander hängen, zeigt deutliche Einprägungen – nach altem Volksglauben die Siegelabdrücke König Salomons. Daher auch der Name Salomonssiegel, wobei dieser eigentlich der stark duftenden Art Polygonatum odoratum mit nur je eine Blüte unter jedem Blatt vorbehalten bleiben sollte.

Diese unterirdischen Rhizome dienen als Springwurzel. Nur eine kurze Berührung der Tür, die man öffnen möchte, schon springt sie aus dem Schloss. Und wie kommt man zu der sagenhaften Springwurz? Dazu suche man – eben in der Walpurgisnacht – einen Specht, sperre den Eingang zu seinem Nest ab, beobachte ihn gut! Der Specht holt die Springwurzel, um wieder in sein Nest in der Baumhöhle zu gelangen. Wenn er den Verschluss öffnen will, erschrecke man den Specht, damit er die Wurzel fallen lässt.

Der Schwarzspecht

Der Schwarzspecht ist ein Kräutermann,
Kennt manches Zauberkraut im Tann,
Das im Verborgen sprießet.

Er hält ob einer Wurzel Wacht,
Die alle Schlösser springen macht
Und jede Tür erschließet.

Rudolf Baumbach

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