Jetzt kommt Wasser ins Spiel: Der wissenschaftliche Name Dipsacus der Gattung Karde leitet sich ab von griech. dipsa = Durst. In den Achseln der gegenständigen Blätter, die den stacheligen Stängel wie Auffangbecken umschließen, sammeln sich nämlich Regenwasser und Tau. Weihwasserkessel, Unserer lieben Frau Waschbecken, Bad der Aphrodite, Venusbecken, Venuswanne oder Venusbad nennt man die Wasseransammlung, die sich in den Blattachseln der Wilden Karde bildet. Das Nass soll angeblich zu einem schönen Antlitz verhelfen.
Die Phytotelmata (nach griech. Phyton = Pflanze und telma = Pfütze), wie Wasseransammlungen in Blattachseln fachsprachlich heißen, werden als mechanische Schutzbarriere gegen aufkriechende Insekten gewertet. In Trockenphasen des Sommers kommen Vögel gerne zu dieser Tränke. Der französische Name cabaret des oiseaux beschreibt das elegant: Vogel-Schänke, -Bar, -Club oder -Kleinkunstbühne.
Karden sind nicht nur Trinklokale, sondern auch Restaurants. Die vielen hellbraunen, ovalen Nussfrüchtchen in den Köpfen mögen viele Vögel, allen voran der Distelfink. Damit die Früchte sich entwickeln, müssen vorher die Blüten bestäubt werden. Das übernehmen während der langen Blütezeit zahllose Insekten, vor allem Wildbienen und Tagfalter. Interessant zu beobachten: Die Blüten im kopfförmigen Blütenstand öffnen sich zuerst in einem Kranz in der Mitte, anschließend wandern zwei Ringe aufblühender zartvioletter Trichterblüten von der Mitte nach oben bzw. unten.