Eine Pflanze, die mich jedes Jahr begeistert – weil sie mich an schöne Stunden meiner Kindheit erinnert: die Feld-Hainsimse (Luzula campestris) oder Gewöhnliche Marbel.
Das Binsengewächs blüht um die Osterzeit auf, ist ein auffälliger Frühlingsbote. Die Blüten – so wurde es uns Kindern eindringlich nahegelegt – seien die Speise der Hasen und deshalb unbedingt zu schonen. Wir bauten unsere Osternester rund um die Büschel, weil wir fest daran glaubten, dass der Osterhase, angelockt vom Hasenbrot, sie nun keinesfalls übersehen und unbestückt lassen könnte. Nach Ostern war es dann das Gras der Rehe, vor allem der Rehkitze. In unserer naiven Vorstellung liefen Bambi und Klopfer hierher, weshalb wir uns tagelang auf die Lauer legten und warteten, und warteten… Das galt ebenfalls für die Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica) und die Behaarte Hainsimse (Luzula pilosa), ganz besonders aber für die Schnee-Hainsimse (Luzula nivea), die wir manchmal beim Urlaub in den Alpen antrafen und die natürlich für die Schneehasen bestimmt war.
Der botanische Gattungsname Luzula leitet sich von Bezeichnungen italienischer Botaniker ab: „Herba Luzulae“ bei Luigi Anguillara (1512-1570) oder „Herba Luziola“ bei Andrea Cesalpino (1519-1603). Man vermutet, dass es auf ital. lucciola, das Glühwürmchen (und NICHT: Freudenmädchen, Bordsteinschwalbe) zurückgeht, weil die Pflanzen wie ein Schwarm der kleinen Leuchtkäfer wirken, wenn die Sonne die Tautropfen an den Köpfchen zum Funkeln bringt. Ist sie nicht ebenso schön wie die Kindheitsgeschichte?