Vielerorts werden heute zu Maria Himmelfahrt Kräutersträuße und Weihbüschel gebunden, Kräuterkörbchen oder Würzwisch gesteckt. Was kommen da für Kräuter hinein? Und wie viele verschiedene? Je nach Region, Dorf und Brauchtum ganz unterschiedlich. Ins Marienbündel oder zum Bettstroh der lieben Frau gehören immer wieder andere Kräuter, oft sind Beifuß, Königskerzen, Schafgarben, Johanniskraut, Dost, Kamille, Frauenmantel, Labkraut dabei. Und bisweilen eine Distel.
Drei oder dreimal drei Blütenköpfe
Die Golddistel (Carlina vulgaris), auch Stroh-, Sonn-, Wetter-, Donner-, Finken-, Sanddistel oder Gemeine Eberwurz genannt, gehört mancherorts auf eine ganz besondere Weise in diese Tradition. Häufig stehen drei, selten schon mal neun Distelköpfe auf einem Stängel – genau solche gelten als besonders heilig. Genau diese Dreidisteln oder Frauendisteln müssen selbstverständlich ins Weihbüschel, nicht so sehr als Heilpflanze, sondern vor allem als Abwehr- und Schutzpflanze – bei einem aufziehenden Wetter wurde die geweihte Golddistel ins Feuer geworfen, um Blitz und Hagel fernzuhalten.
Nach ihrem dornenkronenähnlichen Blütenkopf heißt die Golddistel auch Herrgottskrone – nach der Segnung des Kräuterbuschens in der Kirche kommt sie zuhause „hinter den Herrgott“, also zum Kruzifix im Herrgottswinkel. Oder man nagelt sie an die Stalltür, um Hexen fernzuhalten.
Kraftwurz wie die Silberdistel
Traditionen und Wissen rund um die Golddistel sind oft mit denen der Silberdistel (Carlina acaulis) oder Großen Eberwurz vermischt. Man weiß nicht so recht, was von den alten Überlieferungen für welche der beiden Disteln gilt. Ein Engel befahl Kaiser Karl dem Großen, einen Pfeil abzuschießen. Die Pflanze, die er mit dem Pfeil träfe, sei das rechte Heilmittel gegen die Pest. Gegen Hexenschuss hängt man sich die Distel um den Leib. Krankem Vieh werden die Pflanzen ins Futter gemischt.
Jägerbrot, Wiesenkas, Distelbrötchen – diese Begriffe umschreiben die durchaus nahrhaften Körbchenböden der Disteln, die ähnlich wie bei Artischocken aus den Blütenköpfen herausgeschält und gegessen werden. Angeblich verleihen sie besondere Kraft und heben die Potenz. Wer’s ausprobieren möchte, darf nur die Golddistel dafür nehmen. Die Silberdistel steht unter Naturschutz!