Des Goldes Schein, Teil 2

In qualvoll langen Monaten auf See überlegte und sinnierte er, wie er die goldene Verheißung am besten verwenden sollte. Dabei war um die goldene Pracht zu fürchten, nagten Ratten an den Ruten, setzte salzige Seeluft den Kostbarkeiten zu, fehlte Süßwasser zum Tränken der Kleinode. Als das Schiff im heimatlichen Hafen einlief, kam ihm die zündende Idee. Ich will es säen, wachsen und sich vermehren lassen, dachte sich unser Pflanzenfreund. So würde sich der Reichtum unendlich vervielfältigen. Zum Wohle seiner Mitmenschen, zu seinem eigenen Auskommen. Voll der guten Vorsätze hieß er die goldene Ladung zu löschen. Neidische Blicke, sie wurden immer mehr und immer durchdringender, folgten den Trögen, Truhen, Töpfen und Tüten. Ein Fieber griff um sich: Gold!

Der Pflanzenfreund brachte seine Schätze wohl unter, wo die Ruten sich tatsächlich bald vermehrten und golden aufleuchteten. Majestäten, Herzöge und Fürsten, Königinnen, Prinzessinnen und hochwohlgeborene Damen, Würdenträger und Wichtigtuer flanierten entlang der üppigen Paradereihen aus goldenen Ruten und schwelgten im Reichtum. Ein jeder wollte von diesen Schätzen wenigstens einen kleinen Teil sein eigen nennen. Also trachteten die Blaublütigen und Möchtegerns danach, zumindest etwas von dem pflanzlichen Gold in ihre Gartenschatzkammern zu bekommen. Der Pflanzenfreund sonnte sich in unter den goldenen Ruten, sein Abenteuer hatte ihm zu großem Wohlstand verholfen.

Scharenweise kam dann auch das Volk, die goldenen Wogen zu bewundern. Der Glanz des Goldes spiegelte sich in gierigen Augen, nicht golden, gelbgrün stieg der Neid in den Seelen empor. Das Fieber grassierte, wurde zusehend hitziger. Schwupps, war hier eine Rute geknickt und dort ein Blütchen gebrochen. Was Wunder, bald spross das Gold an vielen Stellen. Dem Pflanzenfreund rieselte sein Gold durch die lückigen Zäune. Den goldenen Ruten begegnete man in immer kürzeren Abständen an immer neuen Plätzen. Geblendet vom schnöden Mammon, getrieben von Gier hatte bald jeder eine davon, hatte sich sogar schwunghafter Handel mit ihnen entwickelt. Findige Gärtner boten vielerlei Formen an – denn nach dem Pflanzenfreund hatten es noch viele über den Ozean geholt. Virga aurea, die goldene Rute, verlor an Glanz – und der Pflanzenfreund an Ansehen und Vermögen. Gold?

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