Mein Herzblatt!

Und nicht allein meines, denn dieses bezaubernde Blümchen hat sich wohl in viele Herzen geschlichen und eine besondere Liebe entfacht: Pflanzenliebe. Das Sumpfherzblatt (Parnassia palustris) ist aber auch ein wahres Schnuckelchen mit seinen strahlend weißen Blüten – obwohl?

Bling-Bling, mein Darling

Schau nur, wie es glitzert! Lauter goldene Perlchen gestielt an jadegrünen Broschen, untendrunter schneeweißer Chintz – so was von elegant und doch opulent. Für wen wirft sich das Blümchen so chic in Schale? Es verführt damit Insekten, die wortwörtlich auf es fliegen, nämlich Fliegen. Die Zweiflügler überbewerten das Werben jedoch. Sie interpretieren die funkelnden Tröpfchen als Nektar, der hier wie bei einem Happening überreichlich angeboten wird, um gefügig zu machen. Pustekuchen, nix ist es mit ungehemmten Trinkgelagen. Die Tröpfchen sind trockene und glatte Gebilde, da gibt es nicht mal irgendein Pulver wie Pollen zu konsumieren. Sie täuschen also nur vor, dass die Bar und der Tresen gut bestückt sind. Naja, immerhin finden Fliegen es kuschelig warm vor, denn die schalenförmige Blüte sammelt wie ein Parabolspiegel die Sonnenwärme.

Rate mal, wie alt ich bin

Das Sumpfherzblatt sieht eigentlich immer jugendlich frisch aus. Echt? Altert es denn nicht, wirft es Anti-Aging-Dope ein, geht es zum Schönheitschirurgen? Nö, die Blüten bleiben jeweils nur wenige Tage schön, und schwupp, sind sie verblüht. Eine Woche ist ihnen gegönnt. Guess my Age: Wer genau hinschaut, kann die Lebenstage genau abzählen. Nacheinander Tag für Tag streckt sich eines der fünf Staubblätter über die Narbe an der Spitze des Fruchtknotens und öffnet die Staubbeutel nach oben hin – um den Blütenstaub den gierigen Fliegen auf den Leib zu pudern. Dabei wird auch noch Selbstbestäubung verhindert, das Staubblatt deckt die Narbe ab und macht eine Pollenübertragung unmöglich. Abends klappt das Staubblatt nach außen, die entleerten Staubbeutel werden bis zum nächsten Morgen abgeworfen, übrig bleibt nur der Staubfaden. Dafür hat sich das nächste Staubblatt über den Fruchtknoten gereckt, hält Pollen parat. Auch das klappt abends nach außen, und so fort. Die Anzahl der nach außen geklappten Staubblattfäden ergibt also die Zahl der Blühtage der Blüte. Zuletzt, wenn alle Staubblätter nach außen gerichtet sind, wird die Narbe auf dem Fruchtknoten empfängnisbereit. Und nach insgesamt sechs, maximal sieben Tagen ist alles vorbei…

Von Juli bis manchmal in den Oktober hinein lässt sich dieses Treiben beobachten und bestaunen. Wirklich nur mit den Augen, das Sumpfherzblatt ist geschützt. Einst wurde es sogar mal als Herz-Heil-Pflanze geführt, es sollte Herzrasen beruhigen – bei mir allerdings sorgt es für Herzklopfen, völlig gesundes. Und nicht nur bei mir, auch Simone Braun entdeckt das Spindelbaumgewächs mit großer Freude und schmückt diesen Beitrag mit zusätzlichen Bildern.

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