Schlüssel-Erlebnis

Primula veris BluetenDie Schlüsselblumen blühen! Was für eine Freude, sie symbolisieren den Frühlingsbeginn und sperren den Himmel auf, weil sie der Legende nach aus dem verloren gegangenen Schlüsselbund vom Himmelswächter Petrus entstanden sind. Die Echte oder Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris) ist 2016 „Blume des Jahres“. Und steht unter Naturschutz. Wieso das denn, fragen sich viele, angesichts der Wiesen, auf denen unzählige Schlüssele stehen. Es gibt sie doch wie Sand am Meer. Der Schutz ist einerseits wichtig, weil es auch um den Erhalt der besonderen Lebensräume der Schlüsselblumen geht, nämlich Halbtrockenrasen und lichte Laubwälder. Aber es hat noch eine andere Bewandtnis.

Primula HeterostylieSchaut man den Schlüsselblüten direkt in den langgezogenen Kelch, erkennt man – neben den markanten orangefarbenen Flecken auf den fünf Kronblättern – bei den einen eine Narbe herausspitzen, bei den anderen dagegen Staubbeutel. Wie bei Primeln üblich, gibt es auch bei der Schlüsselblume verschiedene Blütentypen: Langgriffler und Kurzgriffler.

Langgriffler (im Foto rechts) haben einen Stempel mit sehr langem Griffel, bei ihnen versperrt die Narbe den Eingang zum Blütenschlund, die Staubbeutel sind tief im Kelch angebracht. Zudem entwickeln sie kleinere Pollen, die Abstände zwischen den Narbenpapillen sind größer.

Kurzgriffler (im Foto links) dagegen haben einen Stempel mit kurzem Griffel, der tief im Kelch verborgen bleibt, dafür stehen am Eingang zum Blütenschlund die Staubbeutel. In diesen werden große Pollenkörner produziert. Die Narbenpapillen, durch die Pollenkörner ins Innere der Narbe gelangen müssen, um eine erfolgreiche bestäubung und Befruchtung zu gewährleisten, sind sehr eng.

Diese Heterostylie, d.h. Blüten einer Art tragen an verschiedenen Individuen unterschiedliche Griffel, sichert eine Fremdbestäubung. Es passen nämlich nur die Pollen von einem Langgriffler zu den narben eines Kurzgrifflers und umgekehrt. Ein Langgriffler kann keinen Langgriffler bestäuben, ein Kurzgriffler keinen Kurzgriffler. Damit ein Schlüsselblumenbestand Früchte mit keimfähigen Samen ansetzen kann, sich auf Dauer erfolgreich vermehren kann, müssen Exemplare beider Typen vorhanden sein. Langrüsselige Hummeln und andere Insekten können dann Blütenstaub der verschiedenen Blütentypen auf den jeweils anderen übertragen.

Kommt jetzt ein Pflanzenfreund und pflückt ausgerechnet alle Langgriffler von einer Wiese, ist es zumindest in diesem Jahr um die Vermehrung geschehen… Also: Schlüsselblumen stehen und blühen lassen!

Und wer jetzt noch ein Märchen zur Schlüsselblume lesen will, klicke bitte auf PRIMULA.

3 Gedanken zu „Schlüssel-Erlebnis“

  1. Welch schöne Beschreibung. Vielen Dank, liebe Frau Greiner. Nun muss ich die eine Schlüsselblume, die ich mir 2015 in den Garten gesetzt habe, mal genau untersuchen. Vielleicht finde ich dann noch eine, die dazu passt, damit sie Kinder bekommen können.
    Das ist ein wunderbares Untersuchungsthema für mein Herbar, das ich jetzt anlege, denn letztes Wochenende hat endlich mein Kurs für angehende Kräuterpädagogen begonnen und ich so froh, dabei zu sein.
    Krautig grüne Grüße mit bunten Blüten von
    Wanda

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  2. Habe eine Blüte vorsichtig zerlegt und würde auf einen Kurzgriffler tippen. Werde weiter forschen und vergleichen.
    In diesem Sinne
    langgrifflige und schlüsselblumenblütengelbe Grüße von
    Wanda

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