„Komm, lieber Mai, und mache die Bäume wieder grün, und lass mir an dem Bache die kleinen Veilchen blüh’n!“ Das Volkslied nach Christian Adolph Overbeck 1755-1821) wird bis heute nach der Melodie von Mozart gesungen, weil es die Sehnsucht nach dem Frühling so anmutig ausdrückt. Endlich läuft mit dem Mai der Frühling auf Hochtouren. Früher nannte man den Monat auch Blumenmond, weil in diese Zeit die Hauptblüte unzähliger Pflanzen fällt.
Allen Gewächsen voran ist das Maiglöckchen (Convallaria majalis) wie kein ein anderes Blümchen mit dem Mai verbunden. Als Symbol für Glück und Liebe zieren seine lieblich, verführerisch und erotisierend duftenden Blüten unzählige Brautsträuße. Und wenn die Ehe dann an Jahren die Unglückszahl Dreizehn überstanden hat, feiert das Paar Maiglöckchenhochzeit. In Frankreich werden bei der Fête du Muguet kleine Sträuße aus Maiglöckchen als porte-bonheur (Glücksbringer) der Angebeteten verehrt oder einem lieben Menschen geschenkt.
Was mir aber derzeit besonders ins Auge fällt, ist eine zierliche Verwandte des Maiglöckchens, das Maiblümchen – genauer, das Zweiblättrige Schattenblümchen (Maianthemum bifolium). Dreimal darf geraten werden, wo es wächst… Natürlich im Schatten, also in Wäldern, wird aber auch schon mal als Bodendecker in Parks gepflanzt. Es gehört ebenfalls zur Familie der Spargelgewächse und gilt als ebenso giftig wie das Maiglöckchen. Der Gattungsname Maianthemum (lat. majus = Mai, griech. anthemon = Blume) verrät einiges über die nahe Verwandtschaft. Man nennt es auch Falsches Maiglöckchen, Mairöslein oder Maiträubchen.
Nicht nur die zierlichen weißen, nach Honig duftenden Blüten sind eine Schau. Auch die spitz herzförmigen Blätter sind wahrhaft herzig. Zuerst spitzen sie wie Ohren aus dem Moos, dann scheinen sie über dem Waldboden zu schweben. Und sie sind erstaunlich dünn – man soll sogar ein Buch oder die Zeitung hindurchlesen können, was der kleinen Waldpflanze den Volksnamen Buchstäbenblättchen eingebracht hat.
