Flechten – die Korallen der Wälder

Sie führen ein Leben voller Geheimnisse, liefern weder Fisch noch Fleisch, sind weder Tier noch Pflanze: Flechten. Die Lebensgemeinschaften aus Pilzen und Algen treten als Krusten, blatt- oder strauchartige Gebilde auf. Sie sind auch mit dem Menschen eng verbunden – als Nahrung.

Isländisch Moos – kein Moos, sondern eine Flechte, die auf dem Boden wächst

Viel Potential für die Zukunft

Flechten liefern unzähligen Lebewesen Nahrung, für Bärtierchen wie Rentiere, selbst Schweine wurden früher damit gefüttert. Die Forschung bemüht sich, hinter die Geheimnisse der Flechten zu kommen und herauszufinden, wie die besonderen Inhaltsstoffe gebildet werden. Flechten könnten für die Ernährung interessant werden, als „Future Food“ erzeugt durch „Urban Production“.

Mehr drin als gedacht

Es heißt, Flechten seien nährstoffarm und unverdaulich. Analysen zeigen aber, dass Flechten reichlich Nährstoffe enthalten. Ihr Kohlenhydratgehalt ist oft wesentlich höher als der von Kartoffeln. Aus Flechten lässt sich Alkohol gewinnen, einst in Russland und Skandinavien üblich, etwa der in Island als Wikingertrunk gerühmte Fjällagrasa-Schnapps aus Isländisch Moos.

Brot: nicht geflochten, sondern mit Flechten gebacken

Moosbrot

Wegen des bitteren Geschmacks unbeliebt, waren Flechten aus der Not heraus aber einst wichtig fürs tägliche Brot. Rentierflechten und Isländisch Moos, auch als Hungermoos bezeichnet, kamen dafür infrage. Durch Spülen, Einweichen in Wasser mit Natron, Einlegen in Milch entbittert, mengte man sie zum Brotteig, backte daraus Kekse oder kochte Mus, Grütze und Suppe. Gebäck wurde durch die Zugabe bestens lagerfähig, die noch immer enthaltenen Flechtenstoffe sorgten dafür, dass es nicht verschimmelte.

Frittierter Baumbart

Experimentierfreudige wie traditionsbewusste Köche setzen Flechten bewusst bei ihren Gerichten ein, um mit neuen Aromen zu begeistern, auf althergebrachte Nahrungsmittel hinzuweisen und lokale Spezialitäten zu fördern. Da werden Flechten pulverisiert, frittiert, karamellisiert, in Saucen gegeben, in Butter gerührt, mit Schokolade gemischt, als knusprige Panade genutzt, zum Dippen gereicht, zu Hippen verarbeitet oder als Pudding serviert.

Rentierflechte – schmeckt nicht nur Rentieren, in der angesagten Nordischen Küche mehr als Beiwerk

Essen von morgen?

Werden Flechten wie Algen oder Insekten Basis der Ernährung? Heute nur schwer vorstellbar. Die Designerin Julia Schwarz erregt mit ihrem Projekt „Unseen Edible“ weltweit Aufsehen, indem sie Flechten als Superfood und Nahrungsmittel der Zukunft propagiert. Immerhin können Flechten laut Ergebnissen aus der Weltraumforschung sogar auf dem Mars gedeihen und damit künftigen Generationen hoffentlich nicht nur als Notnahrung dienen.

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