Der Gute Heinrich, noch zu retten?

Ja, er scheint doch noch zu retten, der Gute Heinrich (Chenopodium bonus-henricus). Zumindest in Südtirol. Denn dort habe ich ihn häufig angetroffen – entlang von Zäunen, an Hausmauern, in Gartenwinkeln, vor Almhütten. Und mich sehr gefreut, dass es dieses Wildkraut doch noch gibt. Denn bei uns ist er äußerst selten geworden, in unseren sauber aufgeräumten, misthaufenfreien Ortschaften und entlang der steril gepflegten Wegränder findet man ihn gar nicht mehr, oder?

Aber wer weiß, vielleicht erlebt der Heinrich ja eine Renaissance, wird zum Modekraut wie Bärlauch oder Rucola? Wenn man ihn nur wieder zu schätzen lernt…

Einst war er als typischer Vertreter der dörflichen Flora überall anzutreffen und wurde allerorten als Gemüse wie als Heilpflanze genutzt. Seine vielen alten Volksnamen wie Wilder Spinat, Feldsalat, Kohlkraut, Butterblätschen und Heilkraut, Allgut, Grindwurz, Lungwurz oder Geschwulstkraidich sprechen deutlich von der Bedeutung, die der Gute Heinrich mal hatte.

Hinterlassen von Heinzelmännchen
Fasst man seine großen, frischgrünen Blätter an, die wie Gänsefüße aussehen (er gehört ja auch in die Familie der Gänsefußgewächse, Chenopodiaceae), fühlen sie sich schmalzig-mehlig an. Darauf fusst eine alte Geschichte: Früher taten Heinzelmännchen den Menschen Gutes, doch sie erschienen nur des Nachts, wenn alles schlief. Die dienstbaren Hausgeister hatten nämlich Gänsefüße, derer sie sich schämten und die sie unter allen Umständen verborgen halten wollten. Doch ein besonders neugieriger Mensch wollte die Männlein unbedingt zu Gesicht bekommen, oder doch wenigstens Abdrücke iher Füße. Also streute er im ganzen Haus Mehl auf den Boden. Die Heinzelmännchen aber kamen ab da nimmermehr, allein eine Pflanze mit mehl bestäubten Gänsefußblättern ließen sie zurück – den Guten Heinrich.

Guter Heinrich und Alpenampfer am Würzjoch (Südtirol)
Guter Heinrich und Alpenampfer am Würzjoch (Südtirol)

Genuss in allen Teilen
Die schönen Blätter vom Guten Heinrich lassen sich wie Spinat verwenden. Mir schmecken sie besonders gut in einem Gemüsestrudel (Zwiebeln und Champignons andünsten, reichlich junge Blätter dazu, würzen und mit Schmand zu einer Füllmasse mischen, in Strudelteig oder Blätterteig füllen). Blütenstände, solange noch knospig, sind ein Ersatz für Brokkoli, einfach in Butter oder Öl andünsten und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Stängel kann man ähnlich wie Spargel zubereiten. Früchte werden in reichlich Salzwasser gar gekocht, abgeseiht und, mit Curry gewürzt, als Füllung für Tomaten oder Muschelnudeln verwendet. Und die Wurzeln sollen – aber das kenne ich nur vom Hörensagen – kandiert wie Erdnussbutter schmecken.

14 Gedanken zu „Der Gute Heinrich, noch zu retten?“

  1. Toll! Ich habe im Frühling zwei Pflänzchen aufgetrieben (war garnicht so einfach), die ich im Beet hege und pflege – in stiller Erwartung des bevorstehenden Genusses – und werde sie den Gästen, die zu meinem nächsten Kräuterkochkurs kommen, stolz präsentieren und ihnen dazu die Geschichte von den Heinzelmännchen erzählen.
    “Gemüse trifft Unkraut” ist das Thema und so ein Gemüsestrudel ist da genau das Richtige. Ist der Gute Heinrich eigentlich ein Kaltkeimer? Auf der Samenpackung, die ich von Dreschflegel bekommen habe, steht, dass er im Herbst ausgesät wird – oder welchen anderen Grund gibt es dafür?
    Dschungelige Grüße aus dem mit leckerem Un-kraut überwucherten Garten
    Angela

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  2. Liebe Angela,

    ja, der Gute Heinrich zählt zu den Kaltkeimern. Bei Dreschflegel auch im Saatgutshop vermerkt “Kaltkeimer, im Winter draußen in Töpfe säen, keimt im Frühjahr.”
    Lass ihn aussamen, dann wird die Ernte von Jahr zu Jahr üppiger…
    Gutheinrichsgrüße
    Karin

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  3. Also, am Freitag haben wir einen Un-Kraut-Strudel produziert und dabei zwei Varianten getestet. Einmal mit ganz “ordinärem” Spinat und einmal mit Wildkräutern (Melde, Erdbeerspinat, Guter Heinrich, Vogelmiere, Franzosenkraut und was sonst noch in die Schüssel hüpfte..). Das übereinstimmende Ergebnis der Testesser: Der Wilde Strudel war eindeutig besser! Hier das Rezept:

    Un-Krautstrudel à la Tirolese

    Für den Nudel-Strudelteig:
    300 g Mehl
    2 große Eier
    ca. ½ TL Salz
    2 EL Olivenöl
    etw. Wasser (ca. 4-6 EL)

    Zum Bestreichen des ausgezogenen Strudel:

    5 EL Olivenöl
    geriebene Muskatnuss
    Pfeffer, Paprika, Oregano
    Salz, etwas Zucker
    1-2 zerdrückte Knoblauchzehen

    Für die Füllung:

    ca. 300 g „Spinat“-Kräuter (Spinat, Rucola, Mangold oder
    Wildkräuter der Saison wie z.B.
    Melde, Vogelmiere, Guter Heinrich, Franzosenkraut)
    1 Mozzarella (125 g)
    1 kleine Zwiebel, feinst gehackt
    150 – 200 g Südtiroler Schinkenspeck (in dünnen Scheiben oder fein gewürfelt)
    100 g Pecorino (oder Bergkäse– kein Emmentaler!) gerieben
    50 g Pinienkerne (in der Pfanne kurz angeröstet)

    Zutaten gleichmäßig in genannter Reihenfolge auf den ausgezogenen Strudel verteilen, aufrollen und in eine gefettete Auflaufform legen.

    1 Tasse Milch darüber gießen

    und im vorgeheizten Backofen bei ca. 180 °C ca. 60 Minuten backen.

    Nach 30 Minuten 1 Dose Tomaten stückig und 1 Becher Sahne mischen, mit Salz, Zucker, Pfeffer, Oregano abschmecken über den Strudel gießen. Den Strudel mit Speckscheiben belegen (z.B. Tiroler Brettlspeck) und fertig garen.

    Schmatz!

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  4. Der Gute Heinrich hat es mir seit ca. 3 Jahren angetan!
    Davor wollte ich ihn partout in meinem Garten anpflanzen mit Samen von “Pro Spezie rara” (CH-Stiftung für verschwundene Arten). Aber das hat nicht funktioniert, denn mein Garten liegt auf ca,. 450 m.ü.M., das ist zu tief für den Guten Heinrich. Ich habe mich dann mit ihm auseinandergesetzt und ihn auch bei Bergwanderungen entdeckt. Seither nehme ich stets einen “zu” grossen Rucksack mit auf unsere Bergwanderungen. In den Kt. Uri und Tessin (CH) finde ich ihn um Kuhställe, Häuser, alten Gärten herum. Die Besitzer der Liegenschaften kennen ihn nicht und überlassen ihn mir gerne, denn sie wissen nicht, was für eine Delikatesse sie auf ihrem Grundstück haben. Er kommt in diesen Bergkantonen häufig vor, wo, verrate ich natürlich nicht, denn ich möchte meine Gäste noch oft mit dieser Delikatesse überraschen! Er kommt so über 800 m.ü.M. vor und wenn man ihn einmal kennt ist er nicht mehr zu übersehen.
    Susanne

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    • Liebe Susanne,
      es freut mich, dass der Gute Heinrich seine Fans hat! Schätze und schütze ihn gut. Allerdings ist mir nicht bekannt, dass er nur in Höhenlagen wachsen würde – früher war er in jedem Dorf anzutreffen, auch im platten Flachland. Ich würde es mit einer Aussaat durchaus nochmal versuchen.
      Heinrich-Grüße, nur gute
      Karin

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  5. Liebe Guter-Heinrich-Fans,
    auch in der Käseveredlung verwende ich gerne den Guten Heinrich. Neben all seinen guten Eigenschaften unterstreicht er so manch ausgewählte Käsesorte in seinem Geschmack! Einfach mal im ausgewählten Fachhandel nach “Käse vom Affineur Degust” und dann nach dem “Guten Heinrich” fragen…einfach lecker!
    Liebe Grüße – Iris

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  6. Spinat soll&kann man nur gekocht essen. Jungen Spinat auch roh. Spargel darf&kann man auch roh essen. Wie sieht es mit Heinrich aus?

    Jung roh essbar und auch die Spargeähnlichen Triebe?

    tg

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    • Man kann junge Spitzen und Blätter von Guten Heinrich durchaus roh essen – allerdings stört oft der mehlige Belag. Deshalb vorher sehr gründlich waschen und aus Küchenpapier trocknen.

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  7. Ich möchte gerne eine “Gute Heinrich” Planze und auch noch Ersbeerspinat beziehen. Wohin kann ich mich da am besten wenden. Bin aus Österreich.
    Mit herzlichem Dank im Voraus
    Sissy

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  8. wir haben hier in 72805 Lichtenstein eine menge guter Heinrich.. zum Glück, ich selbst habe ihn im Garten und am Kalkofen und in Honau findet man ihn an den Wanderstrecken. In den Schweizer Bergen um Bern herum ist er auch noch anzutreffen.
    Guter Heinrich ist ein Wildkraut und somit auch roh verzehrbar, alle Wildkräuter sowie auch die Heilkräuter kann man getrost essen.
    Ich mache ihn gerne als Auflauf mit Giersch und Löwenzahn, Wiesenbärenklau etc. etwas Kartotten dazu und fertig, evtl. noch mit Käse bestreuen.. Liebe Grüße Erdenheil Sabine Schirm

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    • Ja, im Alpenraum trifft man ihn noch häufig, den Guten Heinrich. Aber im Flachland? Da ist er sehr selten geworden… Wunderbar, wenn er genutzt und geschätzt wird! Er Hat’s verdient, der Gute.

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  9. Hallo,

    ich möchte euch meine Erfahrungen mit dem Guten Heinrich wissen lassen. Hatte lange probiert, ihn auszusäen und hatte mir aus dem Südschwarzwald Samen von wildwachsenden Pflanzen mitgenommen (mein Garten ist im Flachland). Meine ersten Versuche haben nicht geklappt, nichts keimte. Später bestellte ich mir eine kleine Tüte Samen im Internet. Diesmal kamen die Samen nicht direkt ins Beet, sondern zuerst in Blumentöpfe (draußen auf der Terrasse!). Es klappte!! Von 20 Samen kamen etwa 8 Pflanzen, von denen es die Hälfte dann auch im Beet schaffte, zu überleben.

    Im ersten Jahr ließ ich die Pflänzchen vorsichtshalber im Topf, deshalb blieben sie relativ klein und zart. Im nächsten, zeitigen Frühjahr kamen sie wieder aus der Erde! Ich pflanzte sie aus, und sie wurden im zweiten Jahr schon deutlich größer, und legen seitdem jedes Jahr zu.

    Inzwischen haben sie sich auch selbst ausgesamt. Wenn ich eine junge Pflanze finde, grabe ich sie (mit viel Erde um die Wurzeln rum!) aus und setze sie an einen anderen Platz.

    Guter Heinrich lässt sich, wenn er größer ist, auch gut teilen! Ausgraben (möglichst tief, weil die Wurzeln lang sind) und dann vorsichtig den Wurzelstock teilen.

    Dieses Jahr habe ich etwas Neues ausprobiert: Stecklinge! Ich kam auf die Idee, weil ich zum Ernten der Blätter immer ganze Zweige abschneide, und dann nur die großen schönen Blätter mit der Schere kappe und in eine Schüssel fallen lasse. Übrig bleibt dabei immer der Stengel mit kleineren Blättern und dem Blütentrieb.

    Den Blütenstand schneide ich ab, ebenso die größeren Blätter, so dass nur ein Stengel mit sehr kleinen Austrieben übrig bleibt. Außerdem wird der Stengel gekürzt auf ca. 30 cm. Diese Stecklinge habe ich einfach in die Erde gesteckt. Sie brauchen in der ersten Zeit jeden Tag (wirklich jeden Tag!) viel Wasser.

    Meine Stecklinge sind jetzt schon mehrere Wochen in der Erde. Sie sehen nicht so toll aus, aber sie leben! Ich denke, sie werden es schaffen.

    LG
    Reza

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